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Neuer Wehrbeauftragter mit altem Denken: Henning Otte und das System Bundeswehr

Henning Otte wird neuer Wehrbeauftragter – ein erfahrener CDU-Verteidigungspolitiker mit Stallgeruch. Doch braucht die Bundeswehr wirklich einen Insider der alten Strukturen, oder frischen Wind, klare Worte und unbequeme Reformen?

Der Bundestag hat gewählt – und sich für Kontinuität entschieden. Henning Otte, CDU-Urgestein, Verteidigungs-Insider und Reserveoffizier, übernimmt das Amt des Wehrbeauftragten. Ein Mann mit Stallgeruch, gewiss. Einer, der weiß, wie der Hase läuft im verteidigungspolitischen Berlin. Aber genau das ist das Problem.

Denn was die Bundeswehr jetzt braucht, ist nicht mehr vom selben. Kein höfliches Abnicken, kein stilles Weitertragen jahrzehntealter Blockaden. Sie braucht schonungslose Offenheit, Druck von innen, radikale Ehrlichkeit. Eva Högl hat in ihrer letzten Rede völlig zu Recht gewarnt: Die Bundeswehr ist überfordert, unterbesetzt, überbürokratisiert. Und Otte? Ist Teil jenes politischen Betriebs, der diese Probleme mitverursacht oder wenigstens zu lange ignoriert hat.

Natürlich: Otte kennt die Truppe, hat als Verteidigungspolitiker Akten gewälzt und Kasernen besucht. Doch ob er als Wehrbeauftragter wirklich unerschrocken gegen den Apparat ankämpft, darf bezweifelt werden. Denn dieser Posten braucht jemanden, der nicht nur kontrolliert, sondern aufrüttelt. Der Minister Pistorius – und auch die eigene Partei – öffentlich konfrontiert, wenn nötig. Wer sich aber in seiner Laufbahn durch Verteidigungsausschuss, Fraktionssprecherposten und Parteivorstand manövriert hat, neigt selten zu echtem Systembruch.

Henning Otte ist zweifellos kompetent. Aber ist er auch unbequem genug? Oder wird er am Ende genau das tun, was so viele seiner Vorgänger getan haben: Berichte schreiben, Missstände beschreiben, milde mahnen – und doch niemanden wirklich wehtun?

Die Bundeswehr ist im Umbruch – die sogenannte Zeitenwende kann nur gelingen, wenn auch die Kontrollinstanzen mutiger, unabhängiger, aggressiver werden. Henning Otte bekommt nun die Chance zu zeigen, dass er mehr sein kann als der erwartbare Funktionär. Er könnte sich als echter Anwalt der Truppe profilieren – gegen den Widerstand der Ministerien, gegen parteipolitisches Taktieren, gegen das lähmende Tempo der Reformen.

Aber dafür müsste er sich neu erfinden. Ob das gelingt? Die Zweifel sind groß. Die Erwartungen noch größer.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP