Der Bundeskanzler redet Klartext – und das ist gut so. Friedrich Merz hat eine Entscheidung getroffen, die in Berlin lange vermieden, umschifft, verdrängt wurde: Die Reichweitenbeschränkungen für Waffenlieferungen an die Ukraine fallen. Kiew darf sich nun auch gegen russische Angriffe wehren, indem es militärische Ziele auf russischem Boden angreift. Was auf den ersten Blick wie eine Eskalation wirkt, ist in Wahrheit: eine Korrektur überfälliger Naivität.
Denn die Strategie der „halben Hilfe“ hat weder die Ukraine geschützt noch den Kreml beeindruckt. Putin hat die Zurückhaltung des Westens immer wieder ausgenutzt, als Einladung zur Gewalt, nicht als Zeichen diplomatischer Vernunft. Gesprächsangebote, Rücksicht, rote Linien – all das hat ihn nicht gebremst, sondern ermutigt. Wer sich nicht wehrt, lädt zur nächsten Offensive ein.
Natürlich ist dieser Schritt riskant. Natürlich wird Moskau schreien, drohen, warnen. Aber der Krieg ist längst da – mit tausenden Drohnen, Raketen und zerstörten ukrainischen Städten. Wer der Ukraine nun nicht erlaubt, ihre Angreifer auch an der Quelle zu treffen, überlässt sie der systematischen Vernichtung.
Friedrich Merz hat damit das getan, was Olaf Scholz zu oft aufgeschoben hat: Verantwortung übernommen. Für die Sicherheit der Ukraine, für die Glaubwürdigkeit Europas – und für eine Weltordnung, in der Völkerrecht nicht vom Kaliber der Angreifer abhängt.
Diese neue Linie wird nicht nur Kiew stärken, sondern auch ein Signal an Putin senden: Die Zeit der westlichen Zaghaftigkeit ist vorbei. Und sie ist auch ein Appell an Washington – bleibt an Bord. Denn in diesem Krieg geht es längst nicht mehr nur um ukrainische Grenzen. Es geht um unsere eigenen.
OZD
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