Kommentar:
Johann Wadephul zeigt sich entschlossen – und gleichzeitig wankelmütig. Noch in der Vorwoche forderte er in der Süddeutschen Zeitung eine völkerrechtliche Prüfung der israelischen Militärschläge im Gazastreifen als Grundlage für weitere Waffenlieferungen. Jetzt, im Bundestag, sagt er das Gegenteil: Die Unterstützung gehe selbstverständlich weiter – auch mit Waffen.
Diese Kehrtwende wirft nicht nur politische, sondern moralische Fragen auf. Was gilt eigentlich – das Interview oder die Regierungserklärung? Wie glaubwürdig ist eine Außenpolitik, die eine humanitäre Prüfung ankündigt, um sie Tage später mit Verweis auf Geheimhaltung zu relativieren?
Deutschland trägt als Waffenlieferant an Israel eine Mitverantwortung für die Folgen dieser militärischen Handlungen – gerade in einem Krieg, in dem laut internationalen Organisationen Zehntausende Zivilisten getötet wurden. Wer ernsthaft behauptet, das humanitäre Völkerrecht sei Prüfmaßstab, kann diese Prüfung nicht einfach ausklammern, wenn es politisch opportun wird.
Auch die Absage an eine baldige Anerkennung Palästinas wirkt in diesem Kontext wie ein doppelter Standard: Israel wird uneingeschränkt unterstützt – Palästina hingegen weiterhin auf einen "Prozess" vertröstet, den kaum jemand als realistisch einschätzt.
Der Tumult auf der Besuchertribüne war ein kleiner Ausdruck der zunehmenden gesellschaftlichen Spannung rund um den Nahostkonflikt – und er zeigt, dass die Bundesregierung mit ihrer wankenden Linie keinen Beitrag zur Beruhigung leistet. Wer Waffen liefert, ohne klare Bedingungen zu benennen, verliert nicht nur das Vertrauen vieler Bürger, sondern auch außenpolitische Glaubwürdigkeit.
OZD
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Bild: AFP