Paris. Frankreich steht vor einem politischen Umbruch: Präsident Emmanuel Macron und Premierminister Sébastien Lecornu arbeiten an einer neuen Regierung, die bewusst auf die bekannten Schwergewichte der Pariser Politik verzichtet. Ziel ist ein Neustart – mit neuen, loyalen Gesichtern. Doch die Lage bleibt angespannt.
Laurent Nuñez soll Innenminister werden
Nach übereinstimmenden Quellen soll Laurent Nuñez, bisher Pariser Polizeipräfekt, neuer Innenminister werden. Damit würde er den konservativen Bruno Retailleau ablösen. Nuñez gilt als erfahrener Sicherheitsfachmann, der überparteilich akzeptiert ist – aber politisch kaum Ambitionen zeigt.
Mit dieser Personalie sendet Lecornu ein klares Signal: Stabilität vor Machtkampf.
Catherine Vautrin als Verteidigungsministerin im Gespräch
Auch das Verteidigungsressort steht vor einem Wechsel. Die bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin soll laut Insidern Sébastien Lecornu als Verteidigungsministerin ablösen. Vautrin, 65, steht für den konservativen Flügel innerhalb des Regierungslagers.
Sie bringt Erfahrung und Loyalität mit – Eigenschaften, die Macron und Lecornu in ihrer neuen Kabinettslinie offenbar höher bewerten als politische Strahlkraft.
Keine Minister mit Präsidentschaftsambitionen
Lecornu hat deutlich gemacht: Kein Platz für Politiker mit Präsidentschaftsambitionen.
Damit sind nicht nur Bruno Retailleau, sondern auch Justizminister Gérald Darmanin gemeint. Während Retailleau wohl gehen muss, könnte Darmanin im Amt bleiben – allerdings mit klaren Grenzen.
Der Premier will damit interne Machtspiele vermeiden, die die Regierung in den letzten Jahren geschwächt haben.
Schwierige Regierungsbildung: Kaum jemand will mitmachen
Die Bildung der neuen Regierung gestaltet sich schwieriger als erwartet. Viele potenzielle Kandidaten lehnten ab – aus Sorge, einer Regierung beizutreten, die politisch bereits unter Druck steht.
Nach dem Rückzug der konservativen Republikaner als möglicher Koalitionspartner steht Lecornu nun vor der Aufgabe, parteiunabhängige Persönlichkeiten zu gewinnen.
Macron und Lecornu unter Zeitdruck
Am Sonntagabend traf sich Lecornu erneut mit Macron im Élysée-Palast, um die letzten Personalien zu klären. Für beide steht viel auf dem Spiel: Macron versucht, nach Monaten der Kritik wieder Handlungsfähigkeit zu zeigen, während Lecornu seine politische Autorität festigen muss.
Kommentar: Ein Neustart mit Risiko
Macrons Strategie ist riskant, aber nachvollziehbar. Statt auf große Namen setzt er auf Technokraten und Loyalisten. Das mag kurzfristig Ruhe bringen – doch in Krisenzeiten könnte sich das Fehlen starker politischer Persönlichkeiten rächen.
Frankreich steht vor enormen Herausforderungen – vom Haushalt über Migration bis hin zur Verteidigungspolitik. Eine Regierung ohne klare Führungspersönlichkeiten muss erst beweisen, dass sie handlungsfähig ist.
Fazit
Die neue Regierung unter Sébastien Lecornu soll Frankreich einen Neuanfang ermöglichen – doch der Preis ist hoch: weniger Charisma, mehr Kontrolle. Ob das Experiment gelingt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
OZD
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Bild: AFP