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Neutralität in Gefahr? Infantino wegen Trump-Nähe unter schwerem Beschuss

Gianni Infantino gerät wegen seiner engen Beziehung zu US-Präsident Trump massiv unter Druck. Eine Organisation wirft ihm mehrfachen Bruch der FIFA-Neutralität vor – und fordert eine Ethik-Ermittlung.

FIFA-Präsident Gianni Infantino sieht sich neuen, schweren Vorwürfen der politischen Parteinahme ausgesetzt. Die Menschenrechtsorganisation FairSquare reichte bei der Ethikkommission des Weltverbands eine offizielle Beschwerde ein, in der sie Infantino gleich vier mutmaßliche Verstöße gegen den FIFA-Ethikcode zur Last legt. In einem achtseitigen Schreiben, über das unter anderem The Athletic und die FAZ berichten, geht es vor allem um die enge Beziehung des Schweizers zum US-Präsidenten Donald Trump.

Im Zentrum stehen mögliche Verstöße gegen Artikel 15 des Ethikcodes, der von Funktionären politische Neutralität verlangt. FairSquare fordert zudem eine Untersuchung zur Vergabe des neuen, ohnehin umstrittenen FIFA-Friedenspreises, den Infantino Trump überreicht hatte. Der Weltverband reagierte auf eine Anfrage der US-Plattform zunächst nicht.

Ein zentraler Vorwurf betrifft die WM-Auslosung am Freitag, bei der ein Video Trumps politische Maßnahmen ausdrücklich lobte und seine Erzählung über angebliche weltpolitische Friedensleistungen wiederholte. Infantino habe dort betont, der US-Präsident könne „immer“ auf seine Unterstützung zählen. Bereits zuvor hatte er öffentlich mehrfach Partei ergriffen – etwa im Oktober, als er Trump ohne Erfolg für den Friedensnobelpreis vorschlug. Bei einem Wirtschaftstreffen in Miami am 5. November pries er Trumps Politik als „ziemlich gut“ und forderte Unterstützung. Und schon im Januar hatte infantino in einem Instagram-Clip den Slogan „Make America great again“ aufgegriffen.

FairSquare erkennt in dem Beschwerdebrief zwar an, dass eine Kooperation mit der US-Regierung im Hinblick auf die WM 2026 notwendig sei. Doch die Organisation sieht Infantinos Verhalten weit jenseits des Erlaubten: Seine „klare Unterstützung der politischen Agenda von Präsident Trump“ stelle eine „Gefahr für die Integrität des Fußballs und der FIFA“ dar.

Auch der Friedenspreis selbst steht in der Kritik. Die Vergabe an einen amtierenden Staatschef sei „an sich schon ein klarer Verstoß gegen die Neutralitätspflicht“. Zudem sei das FIFA-Council offenbar nicht an der Entscheidung beteiligt gewesen – ein weiterer Regelbruch, wie FairSquare argumentiert.
OZD


OZD-Kommentar – „Infantinos Gratwanderung wird zum Sturz?“

Der FIFA-Präsident hat sich in eine politische Falle manövriert, aus der es kaum noch einen eleganten Ausweg gibt. Gianni Infantino, der stets vom unpolitischen Fußball spricht, lässt sich seit Monaten in eine Nähe zu Donald Trump treiben, die kaum noch als diplomatische Höflichkeit verkauft werden kann. Spätestens ein „Make America great again“-Video ist kein Zufall, sondern eine Botschaft. Und sie wirkt – zerstörerisch.

Die FIFA lebt von globaler Glaubwürdigkeit, nicht von Washingtoner Parteipropaganda. Wer an der Spitze des mächtigsten Sportverbands der Welt steht, darf nicht den Eindruck erwecken, politische Loyalität spiele eine Rolle bei Wahlen, Vergaben oder Preisen. Doch genau diesen Verdacht hat Infantino befeuert – und damit die Grundfesten seiner eigenen Institution angekratzt.

Die Ethikbeschwerde kommt daher nicht überraschend. Sie ist die logische Konsequenz eines Präsidenten, der die Grenze zwischen Diplomatie und politischem Aktivismus zunehmend verwischt. Und je länger Infantino schweigt, desto lauter wird die Frage: Hat der Weltfußball einen Präsidenten, der seine Neutralität noch kontrolliert – oder längst verloren hat?



Mini-Infobox

Vier mutmaßliche Verstöße gegen FIFA-Ethikcode

Kritik richtet sich v. a. gegen Infantinos Nähe zu Donald Trump

Friedenspreis-Vergabe ohne Council-Beschluss bemängelt

Beschwerde fordert offizielle Ethik-Ermittlung

FIFA reagierte bislang nicht auf Anfragen

OZD-Analyse

1. Die Vorwürfe im Überblick
– a) Politische Parteinahme in öffentlichen Auftritten –
– b) Nutzung offizieller FIFA-Bühnen zur Unterstützung Trumps –
– c) problematische Vergabe des Friedenspreises ohne Gremienbeteiligung –

2. Relevanz für den Ethikcode
– a) Artikel 15 verlangt politische Neutralität –
– b) öffentliche Loyalitätsbekundungen gelten als klare Grenzüberschreitungen –
– c) mögliche Gefährdung der institutionellen Glaubwürdigkeit –

3. Folgen für FIFA und WM 2026
– a) wachsender internationaler Druck auf Infantino –
– b) Gefahr politischer Instrumentalisierung des Turniers –
– c) mögliche Szenarien: Untersuchung, Rüge oder politische Debatte im FIFA-Council –



Erklärungen Was ist die FIFA-Ethikkommission?

Die FIFA-Ethikkommission ist das interne Kontrollorgan des Weltverbands. Sie prüft Verstöße gegen Ethik-, Integritäts- und Neutralitätsregeln und kann Strafen von Verwarnungen bis zu Sperren verhängen.

OZD-Extras

Wussten Sie schon?
Der FIFA-Friedenspreis wurde erst kurz vor der Auslosung geschaffen – ohne öffentliche Debatte und ohne klare Kriterien. Ein Novum in der Geschichte des Weltverbands.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.