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Abu Walaa ist eine Gefahr für die nationale Sicherheit - Trotzdem keine Abschiebung

Der frühere IS-Chefanwerber Abu Walaa scheitert mit Eilantrag gegen Abschiebung, aber ...

Gericht  |  IS  |  Salafisten

Der in Strafhaft sitzende frühere Salafistenprediger und IS-Chefanwerber Abu Walaa ist vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf mit einem Eilantrag gegen eine Ausweisung samt lebenslanger Wiedereinreisesperre gescheitert. 

Wie das Gericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt am Montag mitteilte, ist eine Ausweisung durch "zwingende Gründe der nationalen Sicherheit" gerechtfertigt. Die von dem Antragsteller ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit wiege dabei alle anderen Belange auf.

Damit wies das Gericht den Eilantrag des aus dem Irak stammenden Abu Walaa gegen eine Ordnungsverfügung des Landkreises Viersen in Nordrhein-Westfalen ab. Es ordnete lediglich an, eine Abschiebung bis zu einer abschließenden Entscheidung im sogenannten Hauptsacheverfahren aufzuschieben.

Eine Abschiebung steht nach Gerichtsangaben aktuell nicht an, weil Abu Walaa regulär bis 2027 eine Haftstrafe absitzt und die Staatsanwaltschaft einer etwaigen Aussetzung der weiteren Vollstreckung nicht zustimmte. Zudem stellte Abu Walaa demnach einen Asylantrag, weil er bei einer Abschiebung in den Irak die Todesstrafe fürchtet. Laut Gericht soll eine diplomatische Garantie des Iraks eingeholt werden, dass ihm dort keine Hinrichtung droht.

Bis zu einer Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und einem etwaigen erfolglosen Eilantrag dagegen bei Gericht sei eine mögliche Abschiebung daher nicht möglich, hieß es. Gegen den Beschluss ist noch eine Beschwerde beim nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht in Münster möglich.

Abu Walaa, dessen richtiger Name Ahmad Abdulaziz Abdullah A. lautet, galt laut Behörden über Jahre hinweg als Schlüsselfigur der radikalislamischen Szene in Deutschland. Das Oberlandesgericht im niedersächsischen Celle verurteilte ihn 2021 nach längerem Prozess zu zehneinhalb Jahren Gefängnis wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation sowie Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Abu Walaa hatte demnach in den Jahren 2014 und 2015 junge Salafisten für die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) angeworben und gemeinsam mit weiteren Beschuldigten deren Ausreise nach Syrien und in den Irak unterstützt, wo der IS weite Gebiete beherrschte. Er predigte in der Moschee des inzwischen verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim, lebte allerdings in Nordrhein-Westfalen. Er galt in der Szene als eine radikale "Autorität".

Berichten zufolge verbüßt Abu Walaa die Haft in einer Justizvollzugsanstalt im nordrhein-westfälischen Kreis Viersen. Er hat nach Gerichtsangaben vier eheliche Kinder sowie drei Kinder mit einer weiteren Frau, die er nach islamischen Ritus heiratete. Diese sind alle deutsche Staatsangehörige. Vor seiner Verurteilung saß Abu Walaa schon mehrere Jahre in Untersuchungshaft, was für die Haftdauer von Bedeutung ist. Diese wird auf die Haft angerechnet.

Die Ausländerbehörde des Landkreises Viersen ordnete demnach eine Ausweisung an und legte ihm für den Fall einer Haftentlassung weitere Verpflichtungen auf - darunter eine tägliche Meldung bei der Polizei sowie ein Verbot der Nutzung von Mobiltelefonen und elektronischen Kommunikationsmitteln. Auch diese Maßnahmen seien gerechtfertigt, urteilte das Verwaltungsgericht in Düsseldorf. Dadurch werde dem Betroffenen erschwert, im Fall einer Rückkehr in die islamische Szene "sein staatsgefährdendes Handeln" wieder aufzunehmen.

bro/cfm AFP



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Was sind Salafisten?

Salafisten sind Anhänger einer konservativen Strömung innerhalb des sunnitischen Islams, die eine Rückkehr zu den Praktiken und Glaubensweisen der ersten drei Generationen von Muslimen, bekannt als die "Salaf", anstreben. Die Salaf umfassen die Gefährten des Propheten Mohammed, deren Nachfolger und die darauf folgende Generation. Salafisten betonen eine wortgetreue Auslegung des Korans und der Hadithe (Berichte über Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed) und lehnen moderne Innovationen und Interpretationen ihrer Religion weitgehend ab.


Kernmerkmale des Salafismus:

Strenger Monotheismus (Tawhid): Salafisten betonen die Einzigartigkeit und Alleinheit Gottes und lehnen jegliche Form von Schirk (Polytheismus) strikt ab, einschließlich vieler populärer religiöser Praktiken, die sie als unislamisch betrachten.

Nachahmung des Propheten: Salafisten streben danach, alle Aspekte ihres Lebens gemäß dem Vorbild des Propheten Mohammed und seiner frühesten Anhänger zu gestalten. Dies betrifft sowohl religiöse Rituale als auch alltägliche Gewohnheiten.


Ablehnung religiöser Neuerungen (Bid'ah): Sie lehnen jede Form der Neuerung in religiösen Angelegenheiten ab, die nicht direkt durch Texte aus der Zeit des Propheten gerechtfertigt werden kann.Strömungen innerhalb des Salafismus:

Der Salafismus ist keine homogene Bewegung, sondern umfasst verschiedene Strömungen, die sich in ihrer Haltung zur politischen Gewalt und zur Teilnahme an der modernen Gesellschaft unterscheiden:

Puristische Salafisten: Oft auch als Quietisten bekannt, lehnen sie politische Beteiligung ab und konzentrieren sich auf religiöse Erziehung und persönliche Frömmigkeit.


Politische Salafisten: Sie engagieren sich aktiv in der politischen Arena, um gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, die ihren religiösen Überzeugungen entsprechen, oft durch Parteien oder politische Organisationen.

Dschihadistische Salafisten: Diese Gruppe befürwortet und beteiligt sich an gewalttätigen Aktionen, einschließlich Terrorismus, mit dem Ziel, einen islamischen Staat nach salafistischem Ideal zu etablieren.


Kritik und Kontroversen:

Der Salafismus ist oft Gegenstand von Kontroversen und Kritik, besonders in westlichen Ländern, wo seine strengsten Ausprägungen manchmal mit radikalen und extremistischen Tendenzen assoziiert werden. Der dschihadistische Salafismus insbesondere wird weltweit wegen seiner Verbindungen zu terroristischen Gruppen wie dem Islamischen Staat und al-Qaida stark kritisiert.

Insgesamt ist der Salafismus ein facettenreiches Phänomen, das innerhalb der muslimischen Welt und darüber hinaus vielfältige soziale, politische und religiöse Dynamiken umfasst.


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