Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen
QR-Code zu www.online-zeitung-deutschland.de

Kartellamt gegen Amazon: Preisgrenzen, Machtspiele und die Illusion vom freien Markt

Amazon diktiert Preisobergrenzen – und gefährdet laut Kartellamt die Wettbewerbsfreiheit. Der Fall zeigt: Wenn Marktmacht auf Intransparenz trifft, bleibt vom freien Handel oft nur die Fassade.

Was nach Schutz der Verbraucher klingt, entpuppt sich als massiver Eingriff in den Wettbewerb: Amazon setzt auf seinem Marktplatz algorithmisch gesteuerte Preisobergrenzen – und gefährdet damit laut Bundeskartellamt die unternehmerische Freiheit tausender Händler. Die Mechanismen sind nicht nur intransparent, sondern potenziell ruinös. Denn was Amazon für „angemessene Preise“ hält, kann für kleine Anbieter schlicht Verlust bedeuten.

Der Fall ist symptomatisch für die Machtverschiebung im digitalen Handel: Wer über Amazon verkauft, ist längst nicht mehr nur Anbieter, sondern Spielball im System eines Tech-Giganten, der selbst Händler ist – und zugleich Richter über Sichtbarkeit, Preiswürdigkeit und Marktchancen. Das Kartellamt trifft daher einen Nerv, wenn es diesen doppelten Boden kritisiert.

Besonders brisant: Die Händler werden nicht nur aus dem "Buy Box"-Feld verdrängt, wenn ihre Preise Amazons Vorstellungen widersprechen – sie werden unsichtbar gemacht. In einem Markt, in dem Sichtbarkeit Verkaufsgrundlage ist, ist das faktisch ein Verkaufsverbot durch die Hintertür.

Amazons Verteidigung, man schütze nur die Kunden vor überteuerten Angeboten, ist ein zweischneidiges Argument. Denn was der Plattformriese als „wettbewerbsfähig“ deklariert, beruht auf Blackbox-Algorithmen und Marktbeobachtungen, die sich keiner unabhängigen Kontrolle stellen müssen. Transparenz? Fehlanzeige.

Der Fall offenbart eine fundamentale Schieflage: Wenn ein einzelner Konzern in der Lage ist, Preise, Sichtbarkeit und Zugang zum Markt zu steuern, ist vom freien Wettbewerb nicht mehr viel übrig. Und wer als Händler auf Amazons Infrastruktur angewiesen ist – und das sind in Deutschland Zehntausende –, muss sich fügen. Oder verschwinden.

Das Kartellamt hat recht: Preisfreiheit ist kein optionaler Luxus, sondern Kern des marktwirtschaftlichen Prinzips. Wenn Amazon das weiterhin mit algorithmischem Kalkül untergräbt, braucht es nicht nur Ermittlungen – sondern klare politische Konsequenzen.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP