Kommentar
Nach über fünf Jahren Haft ist Sergej Tichanowski endlich frei – ein Moment voller Symbolkraft für Belarus. Doch was bedeutet diese plötzliche Begnadigung des prominenten Regimekritikers wirklich? Handelt es sich um ein strategisches Zugeständnis von Alexander Lukaschenko, der internationale Aufmerksamkeit und Druck nicht länger ignorieren kann – oder um eine kontrollierte Geste im Austausch für geopolitische Vorteile?
Auffällig ist die direkte Verbindung zur US-Diplomatie: Laut offizieller Erklärung erfolgte die Begnadigung auf Anfrage des US-Präsidenten. Nur wenige Stunden zuvor hatte sich Lukaschenko mit dem US-Gesandten Keith Kellogg getroffen. Kommt es nach Jahren der Isolation nun zu einer vorsichtigen Annäherung zwischen Belarus und dem Westen – trotz der engen Bindung an Moskau?
Gleichzeitig bleibt der Preis hoch: Noch immer sind über 1000 politische Gefangene inhaftiert. Wird Tichanowskis Freilassung zum Signal für weitere Schritte – oder bleibt sie ein Einzelfall zur Imagepflege?
Die Frage, die nun im Raum steht: Hat Lukaschenko verstanden, dass politische Öffnung kein Zeichen von Schwäche, sondern von Zukunftsfähigkeit ist? Oder bleibt Belarus weiterhin ein autoritärer Staat im russischen Schatten?
OZD
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Bild: AFP