Mit einer deutlichen Warnung an den Kreml hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den Nato-Gipfel in Den Haag beendet. "Es soll bitte niemand wagen, die Nato anzugreifen, und zwar an keiner Stelle", erklärte Merz am Mittwoch gegenüber Journalisten. Die Botschaft war unmissverständlich: Russland wird als Bedrohung ernst genommen – und eine militärische Antwort der Nato im Ernstfall ist garantiert.
Der Gipfel in Den Haag, den Merz als „historisch“ bezeichnete, war von einer klaren Linie gegenüber Moskau geprägt. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, Merz habe die Partnerstaaten explizit gewarnt, dass Russland die Entschlossenheit des Bündnisses testen könnte. „Russland ist nicht stark genug, die Nato als Ganzes anzugreifen“, sagte Merz – doch genau das mache den Moment so gefährlich.
Die Gipfelerklärung der Nato-Staaten bezeichnet Russland als „langfristige Bedrohung der euro-atlantischen Sicherheit“. Der Ukraine wurde erneut die „anhaltende Unterstützung“ zugesichert, mit der Begründung, ihre Sicherheit trage zur kollektiven Sicherheit des Bündnisses bei. Damit setzt die Nato ein klares Signal an Moskau: Die Unterstützung für Kiew bleibt bestehen.
Ein zentrales Ergebnis des Gipfels: Bis 2035 wollen die Mitgliedsstaaten ihre Verteidigungsausgaben massiv erhöhen. Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen künftig jährlich in sicherheitsrelevante Ausgaben fließen. Deutschland, so Merz, übernehme dabei eine Führungsrolle – auch durch die Aufweichung der Schuldenbremse. Doch der Kanzler mahnte: „Geld allein wird es nicht richten.“ Es brauche strukturelle Reformen bei Personal, Technologie und Ausrüstung. Weiter so wie bisher sei keine Option.
Mit seiner Rede in Den Haag setzt Friedrich Merz ein markantes außen- und sicherheitspolitisches Zeichen. Die Nato rückt enger zusammen – und Deutschland will nicht mehr zögern.
OZD / ©AFP.
OZD-Kommentar:
Was Friedrich Merz in Den Haag verkündete, klingt wie ein Wendepunkt –
und ist doch nur ein Versprechen, das sich erst noch beweisen muss. Die
martialische Warnung an Moskau mag Stärke demonstrieren, doch
entscheidend ist, ob Deutschland nun wirklich aus den
sicherheitspolitischen Träumereien der letzten Jahrzehnte erwacht.
Fünf Prozent des BIP für Verteidigung? Das ist ein gewaltiger Schritt – und dennoch notwendig. Die Nato hat zu lange gezögert, Russland zu unterschätzen war ein historischer Fehler. Aber wer in Berlin glaubt, mit mehr Geld allein sei es getan, irrt gewaltig. Es geht um Strategiewechsel, Systemreform und klare Prioritäten – nicht um blindes Aufrüsten.
Die Ukraine als Bollwerk europäischer Sicherheit zu bezeichnen, ist eine späte, aber richtige Einsicht. Doch was hilft all das Pathos, wenn weiter Panzer fehlen, Personal geht und Bürokratie lähmt? Merz spricht von Führungsrolle. Doch führen heißt nicht nur reden, sondern handeln. Wer Russlands Drohung ernst nimmt, muss schneller, entschlossener und mutiger werden. Sonst wird der nächste Test der Nato kein Planspiel, sondern tödlicher Ernst.
OZD-Analyse
1. Merz’ zentrale Botschaft an Russland:
a) Klare Abschreckung: Ein Angriff auf Nato-Gebiet würde eine kollektive Reaktion hervorrufen.
– Merz setzt auf entschlossene Sprache und eine neue sicherheitspolitische Ernsthaftigkeit.
b) Drohkulisse mit Präventivcharakter:
– Russland soll davon abgehalten werden, auch nur über einen Angriff nachzudenken.
2. Gipfelergebnisse in Den Haag:
a) Russland als langfristige Bedrohung anerkannt.
– Dies unterstreicht die Abkehr von der einstigen Politik der Annäherung.
b) Ukraine bleibt strategischer Partner.
– Ihre Verteidigung gilt künftig als essenziell für die Nato-Sicherheit.
3. Aufrüstung und deutsche Rolle:
a) 5 % des BIP für Verteidigung bis 2035 – eine enorme Steigerung.
– Deutschland spielt mit der Schuldenbremse, um dies zu ermöglichen.
b) Merz betont: Mehr Geld allein reicht nicht.
– Strukturelle Reformen bei Personal, Technik und Organisation gefordert.
4. Nato in der Ära Merz:
a) Deutschland positioniert sich als Führungsmacht.
– Merz will Berlin in sicherheitspolitische Verantwortung zwingen.
b) Symbolik vs. Realität:
– Die praktische Umsetzung der angekündigten Maßnahmen bleibt abzuwarten.
Was ist die Nato?
Die Nato (North
Atlantic Treaty Organization) ist ein 1949 gegründetes
Verteidigungsbündnis aus derzeit 32 Staaten. Sie basiert auf dem Prinzip
der kollektiven Verteidigung gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrags: Ein
Angriff auf ein Mitglied gilt als Angriff auf alle. Die Nato ist das
zentrale militärische Bündnis des Westens und hat seit dem russischen
Angriff auf die Ukraine 2022 ihre strategische Ausrichtung deutlich
verschärft.
Wer ist Friedrich Merz?
Friedrich Merz,
geboren 1955 in Brilon (NRW), ist seit 2022 CDU-Parteivorsitzender und
seit 2024 Bundeskanzler. Der Jurist und langjährige
Bundestagsabgeordnete war unter anderem Fraktionsvorsitzender und
Aufsichtsratsmitglied großer Konzerne. Merz steht für eine
wirtschaftsliberale, konservative Linie und hat sich seit Beginn seiner
Kanzlerschaft besonders in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
profiliert. Der Gipfel in Den Haag markiert seine bisher deutlichste
Positionierung im transatlantischen Bündnis.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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