Es ist ein erschütternd vertrautes Bild: brennende Hänge auf Euböa, glühende Ruinen auf Kythera, ausgebrannte Häuser auf Kreta. Wieder zieht eine Hitzewelle über Griechenland, wieder explodieren trockene Wälder wie Zunder, wieder kämpfen Feuerwehrleute unter Lebensgefahr gegen ein flammendes Inferno. Wieder spricht ein Premierminister von „Titanenkampf“. Und wieder fragt man sich: Ist das jetzt der Sommer, wie er künftig immer aussehen wird?
55 neue Feuer an einem einzigen Tag – das ist keine Statistik mehr, das ist ein Alarmzustand. Fünf davon noch aktiv, 50 unter „Kontrolle“ – ein Wort, das inmitten dieser zerstörten Landschaften beinahe zynisch klingt. Wenn eine halbe Insel abbrennt, Bienenstöcke, Olivenhaine, Kirchen, Ziegen, wenn Menschen in Panik per Boot vom Strand evakuiert werden müssen – was bedeutet dann noch „unter Kontrolle“?
Natürlich: Die Feuerwehr tut, was sie kann. Mit internationaler Hilfe, Löschflugzeugen, Hubschraubern, ausländischen Teams. Der Einsatz ist beispiellos, die Belastung unmenschlich. Aber wie lange kann sich ein Land im Ausnahmezustand halten, bevor das Ausnahmehafte zum Dauerzustand wird?
Die Frage richtet sich nicht nur an Griechenland. Denn das hier ist keine griechische Tragödie. Es ist ein europäisches Versagen. Jahr für Jahr trifft es Südeuropa – Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland. Die Mittelmeerküste wird zur Brandzone, der Sommer zur Bedrohung. Und doch kommt jedes Mal das Entsetzen aufs Neue, als hätte niemand damit gerechnet.
Dabei ist es längst belegt: Der menschengemachte Klimawandel verstärkt Hitzewellen, senkt die Feuchtigkeitsreserven, trocknet Wälder aus – und legt Feuer an das, was früher „Urlaub“ bedeutete. Wenn bei 45,8 Grad Menschen aus ihren Häusern fliehen müssen, wenn Dörfer vom Wasser abgeschnitten sind, weil Leitungen geschmolzen sind – dann reden wir nicht mehr über ein Wetterphänomen, sondern über eine systemische Krise.
Und dennoch fehlt die Antwort. Wo ist die europäische Strategie für Hitzewellen? Wo ist der Umbauplan für klimastabile Wälder? Wo die Infrastruktur, die diesen Extremen standhält? Stattdessen verteilen wir Fördergelder für Wiederaufbau – Jahr für Jahr, Insel für Insel, Brand für Brand. Als sei das Feuer die Regel und nicht das Problem.
Besonders erschütternd: Während Feuerwehrleute auf Euböa gegen das Feuer kämpfen, stirbt dort das, was von traditioneller Landwirtschaft noch übrig war – Schafe, Ziegen, Olivenhaine. Menschen wie Sotiris Angelou verlieren ihren Schlachthof, ihre Lebensgrundlage. Und was kommt danach? Dieselben Versprechungen wie immer? Dieselbe Sprachlosigkeit?
Auch in Frankreich das gleiche Bild: Evakuierungen, abgebrannte Häuser, zerstörte Ziegenställe – nur ein paar Hundert Kilometer weiter, aber dieselbe Ursache, dieselbe Hilflosigkeit. Europa ist im Sommer 2025 ein Kontinent im Klimanotstand – und dennoch bleibt der politische Aufschrei aus.
Wenn ein Sommer mit 45 Grad und flächendeckenden Waldbränden zur Routine wird, dann liegt die Katastrophe nicht nur im Feuer, sondern in der Akzeptanz. Griechenland ächzt – aber es brennt auch für uns.
OZD
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Bild: AFP