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458 Drohnen und 45 Raketen: Russland attackiert die Energieinfrastruktur in der Ukraine

Mit einer der heftigsten Angriffswellen seit Monaten hat Russland in der Nacht ukrainische Energieanlagen bombardiert. Zwei Menschen kamen ums Leben, zahlreiche Städte erlitten Stromausfälle. Kiew kündigt Widerstand an – und fordert mehr Druck auf Moskau.

Erneut Dunkelheit über der Ukraine: Mit massiven Drohnen- und Raketenangriffen hat Russland in der Nacht zum Samstag gezielt die Energieinfrastruktur des Landes attackiert. Laut Kiew wurden in mehreren Regionen Strom- und Wasserversorgung unterbrochen, in Dnipro starben nach Angaben von Regierungschefin Julia Swyrydenko zwei Menschen, sechs weitere wurden verletzt – darunter ein Kind.

„Die Stromversorgung wird wieder aufgenommen, sobald sich das System stabilisiert hat“, erklärte Energieministerin Switlana Grintschuk. In Krementschuk und Charkiw waren sowohl Strom- als auch Wasserversorgung betroffen, auch der Bahnverkehr kam zeitweise zum Erliegen. Wiederaufbauminister Oleksij Kuleba warf Moskau gezielte Attacken auf Eisenbahn-Depots vor.

Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe setzte Russland 458 Drohnen und 45 Raketen ein. 406 Drohnen und neun Raketen konnten abgefangen werden. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte Angriffe auf „militärisch-industrielle Komplexe sowie Gas- und Energieanlagen“.

Die Attacken markieren eine neue Eskalationsstufe im Vorfeld des Winters, der für Millionen Ukrainer erneut zu einer Bewährungsprobe werden dürfte. Fachleute warnen vor massiven Heizungsausfällen. Grintschuk versprach jedoch: „Trotz der Pläne des Feindes wird die Ukraine in diesem Winter Licht und Wärme haben.“

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksij Makeiev, forderte indes eine härtere Linie gegen Russland: „Der Krieg wird enden, wenn wir Moskau seine Energieeinnahmen entziehen.“ Zudem müsse Putins Kriegsmaschinerie „durch Langstreckenangriffe geschwächt“ werden.

Parallel sorgte eine Entscheidung in Washington für Irritationen: US-Präsident Donald Trump gewährte Ungarn unter Regierungschef Viktor Orban eine einjährige Ausnahme von den Energiesanktionen gegen Russland. Ungarn bezieht weiterhin russisches Öl über die Druschba-Pipeline – ein Signal, das in Kiew auf Unverständnis stößt.

OZD

OZD-Kommentar:
Russlands Angriff auf die Energieversorgung der Ukraine ist kein militärischer Zufall, sondern ein gezielter Versuch, das Land zu brechen – psychologisch, wirtschaftlich, moralisch. Während Putins Drohnen Zivilisten treffen, zeigt Kiew unbeirrte Standhaftigkeit. Doch der Winter wird zum Prüfstein, auch für Europas Solidarität. Wenn Trump gleichzeitig Orban von Sanktionen ausnimmt, droht ein gefährliches Signal: dass Energiepolitik wieder über Kriegsverbrechen gestellt wird. Die Ukraine braucht jetzt nicht nur Strom – sie braucht Rückgrat vom Westen.

Mini-Infobox:
Anzahl der Angriffe: 458 Drohnen, 45 Raketen
Abgefangen: 406 Drohnen, 9 Raketen
Opfer: 2 Tote, 6 Verletzte (Dnipro)
Betroffene Städte: Dnipro, Krementschuk, Charkiw
Auffällig: Strom- und Wasserausfälle in mehreren Regionen

OZD-Analyse

Russlands Strategie der Kälte
a) Ziel: – Zermürbung der Zivilbevölkerung durch Energieausfälle.
b) Timing: – Beginn der Wintermonate, maximale psychologische Wirkung.
c) Konsequenz: – Millionen Ukrainer riskieren erneut den Winter ohne Heizung.

Ukrainische Gegenmaßnahmen
– Ausbau der Luftabwehr, 406 abgefangene Drohnen als Beweis gesteigerter Effizienz.
– Dezentralisierung der Energieversorgung, mobile Heizsysteme.
– Diplomatischer Druck auf westliche Partner für weitere Luftabwehrsysteme.

Geopolitische Brisanz
– Trumps Ausnahme für Ungarn untergräbt westliche Geschlossenheit.
– Orbans Nähe zu Russland schwächt die EU-Position gegenüber Moskau.
– Der Konflikt verlagert sich zunehmend auch auf die energiepolitische Ebene.

Wer ist Oleksij Makeiev?
Oleksij Makeiev, 48, ist seit 2022 ukrainischer Botschafter in Deutschland. Der erfahrene Diplomat gilt als zentrale Stimme Kiews in Europa. Zuvor war er Leiter der politischen Abteilung im ukrainischen Außenministerium und gilt als Verfechter harter Sanktionen gegen Russland.

Was ist die Druschba-Pipeline?
Die Druschba-Pipeline („Freundschaft“) ist das größte Erdöltransportsystem der Welt. Sie verbindet Russland mit mehreren europäischen Staaten, darunter Polen, die Slowakei und Ungarn. Trotz Sanktionen bleibt sie ein entscheidender Faktor in Europas Energieversorgung.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

OZD-Extras
Faktencheck: Laut ukrainischem Energieministerium wurden seit Kriegsbeginn über 70 Prozent der zentralen Stromanlagen mindestens einmal beschädigt – viele davon mehrfach.