Trotz heftiger Spannungen mit dem Deutschen Fußball-Bund haben die 14 Klubs der Frauen-Bundesliga am Mittwoch ihren eigenen Ligaverband gegründet. In Frankfurt wurde der Frauen-Bundesliga FBL e.V. offiziell aus der Taufe gehoben. Zur ersten Präsidentin wählten die Vereine Katharina Kiel von Eintracht Frankfurt, flankiert von Veronica Saß (Bayern München) und Florian Zeutschler (SGS Essen) als Vizepräsidenten – ein historischer Schritt, der eigentlich gemeinsam mit dem DFB erfolgen sollte, nun jedoch zum Symbol eines offenen Machtkampfs wurde.
Ursprünglich war geplant, den Verband gemeinsam mit dem DFB am Campus des Dachverbands zu gründen. Doch statt eines harmonischen Aufbruchs zur Professionalisierung kam es zur Eskalation. Die Klubs warfen dem Verband vor, zentrale Absprachen missachtet zu haben. Insbesondere beim geplanten Joint Venture, das zu gleichen Teilen von DFB und Vereinen getragen werden sollte, scheiterte man an der Frage der Entscheidungshoheit.
Während die Klubs sich mehr Autonomie sichern wollten, verlangte der DFB laut Vereinskreisen zusätzlichen Einfluss – trotz eines angebotenen Investitionspakets von 100 Millionen Euro über acht Jahre. Die Vereine wiederum rechnen im gleichen Zeitraum mit Gesamtkosten zwischen 300 und 900 Millionen Euro, um die Liga strukturell auf ein international konkurrenzfähiges Niveau zu heben.
Doch unabhängig vom Streit herrscht Einigkeit über das Ziel: Die Frauen-Bundesliga muss professionalisiert werden. Dazu gehören Mindestgehälter, klare Personalvorgaben und moderne Infrastruktur in Trainingszentren und Stadien. Themen, die längst überfällig sind und den deutschen Frauenfußball im globalen Wettbewerb entscheidend prägen werden.
OZD
OZD-Kommentar – „Aufbruch im Gegenwind“Wie viel Mut braucht eine Liga, die beschließt, den schwierigsten Weg bewusst zu wählen? Genau diesen Mut beweisen die 14 Klubs: Sie stellen sich gegen jahrzehntelange Machtstrukturen und schaffen sich ihre eigene Plattform. Es ist ein Befreiungsschlag – und zugleich ein Kraftakt, der die Risiken nicht kaschiert. Denn der DFB bleibt ein Gigant, und wer gegen einen Giganten aufsteht, muss wissen, wie viel Widerstand er aushält. Doch die Botschaft ist klar: Diese Liga will wachsen, gestalten, bestimmen. Der Frauenfußball in Deutschland tritt in eine neue Ära, und auch wenn der Gegenwind schneidend ist – der Kurs zeigt endlich nach vorne.
Mini-InfoboxNeuer Ligaverband: Frauen-Bundesliga FBL e.V. gegründet
Erste Präsidentin: Katharina Kiel (Eintracht Frankfurt)
Streitpunkt: Entscheidungshoheit im geplanten Joint Venture mit dem DFB
DFB plante Investitionen von 100 Mio. Euro
Vereine kalkulieren mit bis zu 900 Mio. Euro Gesamtkosten
OZD-Analyse1. Bedeutung der Verbandsgründung
a) Signal der Unabhängigkeit gegenüber dem DFB. –
b) Stärkung der Selbstverwaltung der Klubs. –
c) Chance auf moderne, effizientere Strukturen. –
2. Konfliktlinien zwischen Vereinen und DFB
a) Streit um Entscheidungskompetenzen im Joint Venture. –
b) Unterschiedliche Vorstellungen zur Professionalisierung. –
c) Vertrauensbruch durch nicht eingehaltene Absprachen. –
3. Herausforderungen der Professionalisierung
a) Hoher finanzieller Aufwand für Personal, Infrastruktur und Gehälter. –
b) Internationale Konkurrenz zwingt zu schnellem Handeln. –
c) Risiko, ohne Einigung mit dem DFB auf lange Sicht Ressourcen zu verlieren. –
Was ist der Frauen-Bundesliga FBL e.V.?
Ein neuer Ligaverband der 14 Frauen-Bundesligisten, gegründet zur
besseren Selbstorganisation und Professionalisierung. Er soll künftig
zentrale Aufgaben wie Vermarktung, Wettbewerbsorganisation und
Strukturentwicklung übernehmen.
Wer ist Katharina Kiel?
Funktionärin von Eintracht Frankfurt und nun erste Präsidentin des
Frauen-Bundesliga-Verbands. Kiel gehört seit Jahren zu den prägenden
Stimmen für mehr Professionalisierung im Frauenfußball in Deutschland.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-ExtrasWussten Sie’s?
Die Frauen-Bundesliga ist die erste Profiliga in Deutschland, die sich
gegen den Willen des Dachverbands emanzipiert und in Eigenregie einen
vollständigen Ligaverband gegründet hat – ein Schritt, den selbst die
Männer-Bundesliga erst 2001 vollzogen hat.