Laut einer AFP-Zählung sind seit Jahresbeginn über 1000 Masernfälle in den USA registriert worden – darunter drei Todesfälle, zwei davon Kinder. Besonders betroffen ist der Bundesstaat Texas, in dem über 70 % der Fälle auftreten. Experten wie der renommierte Mediziner Paul Offit sprechen bereits von der schlimmsten Masern-Epidemie in den USA seit Jahrzehnten – mit möglicherweise dreimal so vielen nicht erfassten Infektionen. Der Ausbruch fällt in eine Phase wachsender Impfskepsis. Kritik richtet sich vor allem gegen US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der in der Vergangenheit Falschinformationen über Impfstoffe verbreitet hatte.
Die Eskalation der Masernfälle ist kein medizinisches Versagen, sondern ein politisches und gesellschaftliches. Wo früher Impfprogramme erfolgreich funktionierten, gewinnen heute ideologisch motivierte Impfgegner an Einfluss – oft mit Rückendeckung prominenter Stimmen. Dass ausgerechnet ein Gesundheitsminister wie Kennedy Jr. lange selbst Teil dieser Bewegung war, ist nicht nur ironisch, sondern hochgefährlich. Der Kurswechsel hin zur Impfbefürwortung kommt spät – zu spät für einige der Betroffenen. Das Vertrauen in öffentliche Gesundheitskommunikation wurde nachhaltig beschädigt.
Die Rückkehr der Masern zeigt, wie fragil Errungenschaften der öffentlichen Gesundheit sind, wenn sie von Populismus, Wissenschaftsverweigerung und Fehlinformation untergraben werden. Was einst fast ausgerottet war, wird zur neuen Bedrohung – nicht wegen mangelnder medizinischer Mittel, sondern wegen mangelnder gesellschaftlicher Vernunft. Die Epidemie in Texas steht sinnbildlich für ein politisches Klima, in dem Individualismus über Gemeinwohl triumphiert. Es braucht nun klare Kante gegen Impfverweigerung, faktenbasierte Aufklärung und einen politischen Neuanfang in der Gesundheitspolitik – sonst wird diese Krise nicht die letzte bleiben.
OZD/AFP
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Bild: AFP