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Ein Schubs, ein Shitstorm – und die eigentliche Frage: Haben wir keine anderen Sorgen?

Ein kurzer Clip von Emmanuel und Brigitte Macron sorgt im Netz für Spott, Häme – und eine mediale Welle. Doch was sagt das eigentlich über uns aus? Vielleicht mehr, als das Video selbst. Ein Kommentar über Aufmerksamkeitsökonomie und digitale Doppelmoral.

Ein kurzer, möglicherweise alberner Moment zwischen Emmanuel und Brigitte Macron an der Flugzeugtür – und schon dreht das Internet durch. Der französische Präsident bekommt offenbar einen Stoß ins Gesicht, reicht später galant seinen Arm, der nicht erwidert wird. Das alles dauert keine zehn Sekunden, aber der digitale Spott-Tsunami ist nicht aufzuhalten.

Dabei geht es längst nicht mehr um das, was tatsächlich zu sehen ist – sondern nur noch darum, wer was wie daraus strickt. "Prorussische Trolle" wittern ihre Chance zur Demütigung, Boulevardmedien reiben sich die Hände, und die Kommentarspalten laufen heiß. Ob es sich um eine harmlose Neckerei handelt oder um eine häusliche Mini-Explosion? Egal – Hauptsache Klicks, Häme, Algorithmusfutter.

Doch halten wir kurz inne: Wir erleben eine multipolare Welt in Schieflage, Kriege toben, Demokratien wanken, Millionen Menschen fliehen oder leiden – und wir echauffieren uns über einen Ehekabbeleimoment? Ernsthaft?

Man muss Macron nicht mögen, seine Politik nicht teilen, seine Attitüde nicht feiern. Aber was sagt es über unsere Zeit aus, dass private Szenen politischer Führer zur öffentlichen Reizwäsche werden, während die tatsächlichen Herausforderungen unserer Zeit im Off verschwinden? Hier geht es nicht um Transparenz – sondern um Ablenkung.

Vielleicht sollten wir uns weniger für den vermeintlichen „Schubs“ von Brigitte interessieren – und mehr dafür, wohin die Welt gerade tatsächlich gestoßen wird. Denn wenn ein persönlicher Moment zum Politikum wird, aber echte politische Probleme ignoriert werden, dann ist nicht das Ehepaar Macron das Problem – sondern unser Fokus.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP