Der Aufsehen erregende Prozess zum Tod von Diego Maradona droht wegen eines möglichen Dienstvergehens ins Wanken zu geraten – mit weltweiten Schlagzeilen über einen Justizskandal, der das Vertrauen in Argentiniens Rechtsstaat erschüttert. Im Mittelpunkt steht Richterin Julieta Makintach, der vorgeworfen wird, sich an einem Dokumentarfilm beteiligt zu haben – ausgerechnet während des laufenden Verfahrens gegen Maradonas damalige Ärzte und Pfleger.
Für die Anhörung am Dienstag wird erwartet, dass Anwälte beider Seiten beantragen, Makintach vom Verfahren auszuschließen. Der prominente Opferanwalt Fernando Burlando, der die Töchter des verstorbenen Weltstars vertritt, sprach bereits von einem "Skandal solchen Ausmaßes, dass die ganze Welt über Argentiniens Justiz als schlechtestes Beispiel spricht". Auch Verteidiger der sieben Angeklagten unterstützen den Antrag auf Absetzung.
Makintach soll laut Medienberichten am Vortag des Prozessbeginns von einem Kamerateam interviewt worden sein. Sie selbst bestreitet eine Beteiligung an den Aufnahmen. Eine Filmproduzentin behauptete, es handele sich um ein Projekt über Makintach „als Frau und Richterin“ – nicht über den Maradona-Prozess. Für Burlando eine Nebelkerze: „Sie hat nicht wie eine Richterin, sondern wie eine Schauspielerin gehandelt.“
Sollte Makintach tatsächlich aus dem Richtergremium entfernt werden, müsste entschieden werden, ob sie ersetzt werden kann – oder ob der gesamte Prozess neu aufgerollt werden muss. Das würde einen Neuanfang womöglich erst im Januar 2026 bedeuten. Für viele Angehörige Maradonas eine weitere bittere Verzögerung auf dem Weg zu Gerechtigkeit.
Auch der renommierte Strafrechtler Adrián Tenca von der Universität Buenos Aires äußerte sich eindeutig: „Der Prozess kann nicht fortgesetzt werden, er muss für ungültig erklärt werden.“ Die Glaubwürdigkeit des Verfahrens sei zerstört.
Maradona war am 25. November 2020 im Alter von 60 Jahren verstorben – an einem Herzanfall und einem Lungenödem. Zuvor hatte er sich nach einer Hirnoperation in einem gemieteten Haus in einem Nobelvorort von Buenos Aires pflegen lassen. Genau dort sehen die Ermittler schwere Versäumnisse: Die Staatsanwaltschaft wirft den betreuenden Ärzten und Pflegern vor, Maradona nicht ausreichend versorgt zu haben – und damit seinen Tod billigend in Kauf genommen zu haben.
Der Prozess hatte am 11. März in San Isidro begonnen und war auf vier Monate angesetzt. Den sieben Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung bis zu 25 Jahre Haft. Doch nun scheint nicht nur das Urteil, sondern der gesamte Prozess in einer schweren Vertrauenskrise zu versinken.
OZD
OZD-Kommentar
Was für eine Blamage für die argentinische Justiz. Richterin Julieta
Makintach hätte über Leben, Schuld und Wahrheit im Fall Diego Maradona
urteilen sollen – und scheint sich stattdessen ins Rampenlicht gedrängt
zu haben. Wer sich während eines laufenden Verfahrens von einem
Kamerateam interviewen lässt, verliert jede Autorität.
Der Verdacht: Selbstdarstellung statt Gerechtigkeit. Ob nun aus Eitelkeit oder Opportunismus – das Vertrauen der Opferfamilien wurde verspielt. Ein Neustart ist unvermeidlich, ja zwingend. Doch die Schande bleibt. Und mit jedem Tag, den dieser Prozess länger dauert, stirbt ein Stück Hoffnung auf späte Gerechtigkeit für Diego Maradona – den größten Fußballer seiner Generation, der am Ende offenbar allein gelassen wurde.
OZD-Analyse
1. Die Rolle der Richterin Makintach:
a) Wird beschuldigt, sich an einem Filmprojekt beteiligt zu haben –
b) Interviews vor Prozessbeginn wecken Zweifel an ihrer Neutralität –
c) Bestreitet Beteiligung, verweist auf fehlende Autorisierung –
d) Produzentin erklärt Film als Porträt über Makintach, nicht über Maradona –
2. Folgen für das Verfahren:
a) Antrag auf Ausschluss der Richterin liegt vor –
b) Bei Entfernung unklar, ob Ersatz möglich ist oder kompletter Neustart –
c) Frühestmöglicher neuer Prozessbeginn wohl erst Januar –
d) Prozess müsste von Grund auf neu geführt werden –
3. Reaktionen der Beteiligten:
a) Anwalt Burlando nennt Makintachs Verhalten „skandalös“ –
b) Auch Verteidiger sehen Verfahrensfehler –
c) Strafrechtler fordern Verfahrensaufhebung –
d) Angehörige von Maradona sind frustriert über Verzögerung –
4. Der Hintergrund des Falls:
a) Maradona starb nach Hirnoperation in privater Pflege –
b) Staatsanwaltschaft wirft Ärzten und Pflegern grobe Fahrlässigkeit vor –
c) Im Raum steht bewusste Inkaufnahme seines Todes –
d) Prozess seit März, drohen bis zu 25 Jahre Haft –
OZD-Erklärungen
Wer ist Julieta Makintach?
Julieta Makintach ist
eine 47-jährige argentinische Strafrichterin, die derzeit im Fokus
eines Justizskandals steht. Sie ist Teil des dreiköpfigen
Richtergremiums im Prozess um den Tod Diego Maradonas. Der Vorwurf, sie
habe sich an einem Dokumentarfilm während des Verfahrens beteiligt,
könnte ihre richterliche Unabhängigkeit infrage stellen und das
Verfahren zu Fall bringen.
Was ist der Maradona-Prozess?
Der Maradona-Prozess
befasst sich mit den Umständen des Todes von Diego Maradona am 25.
November 2020. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sieben Personen aus
seinem medizinischen Umfeld, ihn unzureichend betreut zu haben. Der
Prozess, der in San Isidro bei Buenos Aires läuft, ist einer der
aufsehenerregendsten Justizfälle Lateinamerikas und hat internationale
Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Wer ist Diego Maradona?
Diego Armando Maradona war einer der größten Fußballspieler aller Zeiten, ein Symbol für Argentinien und eine widersprüchliche Ikone der globalen Sportwelt. Geboren am 30. Oktober 1960 in Lanús, einem Vorort von Buenos Aires, wuchs Maradona in armen Verhältnissen in der Siedlung Villa Fiorito auf. Schon früh zeigte sich sein außergewöhnliches Talent am Ball. Mit nur 15 Jahren debütierte er für Argentinos Juniors in der ersten argentinischen Liga und war fortan nicht mehr aufzuhalten.
Sein Durchbruch auf internationaler Bühne gelang bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, wo Maradona mit fünf Toren und fünf Vorlagen zum überragenden Spieler des Turniers avancierte und Argentinien zum zweiten WM-Titel führte. In Erinnerung bleibt besonders das Viertelfinalspiel gegen England: Erst erzielte er das legendäre „Hand Gottes“-Tor, dann folgte das „Tor des Jahrhunderts“, bei dem er sechs englische Spieler überrannte – ein Sinnbild für sein Genie und seine Unberechenbarkeit.
Auf Klubebene feierte Maradona zunächst Erfolge mit Boca Juniors, bevor er nach Europa wechselte. Nach einem kurzen Engagement beim FC Barcelona wechselte er 1984 zum SSC Neapel. In Neapel wurde Maradona zur Legende: Unter seiner Führung gewann der Klub erstmals die italienische Meisterschaft (1987) und erneut 1990 sowie den UEFA-Pokal 1989. In der stark strukturierten süditalienischen Gesellschaft wurde er zum Volkshelden, zum Idol der Unterprivilegierten – verehrt wie ein Heiliger, bis heute.
Doch Maradonas Leben war nicht nur von sportlichen Triumphen geprägt, sondern auch von zahlreichen Skandalen und Abstürzen. Er kämpfte jahrzehntelang mit Drogenproblemen, insbesondere mit Kokain, und geriet immer wieder in Konflikt mit Vereinen, Funktionären und Medien. 1991 wurde er in Italien wegen Drogenbesitzes gesperrt, 1994 bei der WM in den USA wegen Dopings disqualifiziert. Auch seine Beziehungen waren von Turbulenzen geprägt – privat wie beruflich.
Nach seiner aktiven Karriere versuchte er sich mehrfach als Trainer, u.a. als argentinischer Nationaltrainer von 2008 bis 2010. Seine Amtszeit endete mit dem 0:4 im WM-Viertelfinale gegen Deutschland in Südafrika. Trotz durchwachsener Erfolge als Coach blieb er eine weltweite Ikone. Zuletzt war Maradona als Trainer bei unterklassigen argentinischen Vereinen tätig und wurde von vielen Argentiniern fast religiös verehrt.
Am 25. November 2020 starb Diego Maradona im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Herzstillstands – nach einer komplizierten Hirnoperation und umstrittenen häuslichen Pflegebedingungen, die inzwischen Gegenstand eines internationalen Strafprozesses sind. Sein Tod löste weltweit tiefe Trauer aus. Millionen Menschen in Argentinien und darüber hinaus trauerten um eine Figur, die weit über den Fußball hinaus wirkte.
Maradona bleibt eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts – ein Mann zwischen Himmel und Hölle, der auf dem Platz Magie versprühte und außerhalb davon nie zur Ruhe kam. Er war nicht perfekt, aber er war einzigartig. Für viele war er nicht nur ein Fußballer, sondern ein Mythos, ein Rebell, ein Volksheld – El Diego.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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