Ein zerstörerischer Gletscherabbruch hat den kleinen Ort Blatten im Schweizer Kanton Wallis ins Chaos gestürzt. Am Mittwochnachmittag stürzte ein großer Teil des Birchgletschers zu Tal und riss eine Lawine aus Eis, Geröll und Schlamm mit sich, die Teile des 300-Seelen-Dorfes verwüstete. Die örtlichen Behörden bestätigten, dass zahlreiche Häuser zerstört wurden – mindestens ein Mensch wird noch vermisst.
„Einige Häuser sind vollständig begraben, viele Familien haben alles verloren“, sagte Jonas Jeitziner, Sprecher des lokalen Notfallstabs, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die dramatischen Szenen wurden in Videos auf der Plattform YouTube festgehalten: Eine riesige Staub- und Eismasse ergießt sich donnernd über die Berghänge und verschluckt alles auf ihrem Weg.
Dabei kam das Unglück nicht unerwartet: Bereits in der Vorwoche war Blatten vorsorglich evakuiert worden, weil Gletscherexperten eine erhöhte Abbruchgefahr festgestellt hatten. In der Nacht zum Mittwoch wurden dann auffällige Bewegungen und zunehmende Instabilität im Eis registriert – ein klares Vorzeichen der Katastrophe, das sich Stunden später mit gewaltiger Wucht entlud.
Besonders alarmierend: Der Gletscherabbruch steht sinnbildlich für die dramatischen Folgen der Klimaerwärmung in der Alpenregion. Schweizer Gletscher verloren allein zwischen 2022 und 2023 rund zehn Prozent ihres Volumens – so viel wie im gesamten Zeitraum von 1960 bis 1990. Der Birchgletscher war laut Forschern bereits seit Jahren instabil – nun hat er sich mit zerstörerischer Kraft entladen.
Rettungskräfte und Geologen sind weiterhin im Einsatz. Die Bergungsarbeiten gestalten sich schwierig, weil Teile des Geländes noch instabil sind. Das ganze Dorf steht unter Schock – und die Schweiz fragt sich: War das nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt?
OZD
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Vielen Dank!
OZD-Kommentar
Das Drama von Blatten ist mehr als ein tragisches Naturereignis – es ist
ein lauter Weckruf. Der Gletscherabbruch am Birchgletscher ist kein
isoliertes Phänomen, sondern das Ergebnis einer jahrzehntelangen
politischen Untätigkeit beim Klimaschutz. Seit Jahren warnen
Wissenschaftler vor der Instabilität der Alpengletscher – doch statt
entschlossener Maßnahmen gab es Vertröstungen, Kompromisse und
Beschwichtigungen.
Nun zahlen Menschen mit ihrer Existenz. Ein Dorf wird verwüstet, ein Mensch wird vermisst, Familien verlieren ihr Zuhause – und die Natur zeigt, was sie von menschlicher Arroganz hält. Dass die Behörden das Ereignis erwartet haben, aber trotzdem keine flächendeckende Sicherung oder Rettung mehr möglich war, zeigt die dramatische Ohnmacht gegenüber einer sich beschleunigenden Naturkatastrophe.
Wer jetzt noch den menschengemachten Klimawandel leugnet oder relativiert, macht sich mitschuldig an den nächsten Zerstörungen. Die Frage ist nicht mehr, ob solche Katastrophen wieder passieren – sondern wann und wo. Der Birchgletscher hat gesprochen. Hören wir endlich hin?
OZD-Analyse
1. Das Ereignis
a) Abbruch des Birchgletschers:
– Mittwoch, 15.30 Uhr: Große Eismasse stürzt ins Tal.
– Lawine aus Eis, Geröll und Schlamm verwüstet Teile von Blatten.
– Evakuierung erfolgte in der Vorwoche, dennoch Sachschäden und mindestens ein Vermisster.
b) Auswirkungen:
– Mehrere zerstörte Häuser.
– Zerstörung kritischer Infrastruktur.
– Psychologisches Trauma für die Bewohner.
2. Ursachen und Warnzeichen
a) Wissenschaftliche Beobachtung:
– Aktivitätsanstieg in der Nacht vor dem Abbruch.
– Birchgletscher galt bereits länger als instabil.
– Frühwarnsysteme zeigten Verschiebungen an.
b) Zusammenhang mit dem Klimawandel:
– Gletscher in der Schweiz verloren 10 % ihres Volumens zwischen 2022 und 2023.
– Höchste Schmelzraten seit Beginn der Aufzeichnungen.
– Klimabedingte Erwärmung in den Alpen überdurchschnittlich stark.
3. Bedeutung und Folgen
a) Für die Bevölkerung:
– Existenzielle Bedrohung ländlicher Alpenregionen.
– Vertrauensverlust in Schutzsysteme.
– Langfristige Umsiedlungsdebatten möglich.
b) Für Politik und Umwelt:
– Erneuter Beweis für Folgen des Klimawandels.
– Bedarf an konsequenter Klimapolitik und Schutzmaßnahmen.
– Notwendigkeit internationaler Kooperation für Bergregionen.
Was ist der Birchgletscher?
Der Birchgletscher
ist ein hochalpiner Gletscher im Kanton Wallis im Süden der Schweiz. Er
liegt oberhalb des Dorfs Blatten und ist Teil eines sensiblen
Hochgebirgsökosystems. Aufgrund der Erderwärmung verlor der Gletscher in
den letzten Jahren zunehmend an Stabilität. Gletscherspalten, Eisdruck
und Schmelzwasser führten zu wachsenden Spannungen im Eiskörper. Bereits
im Frühjahr 2024 wurde der Gletscher intensiv überwacht – nun ist ein
großer Teil abgebrochen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.