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EU-Reform als Hoffnung: Innenminister wollen illegale Migration eindämmen

Die Innenminister von Bund und Ländern setzen auf eine restriktivere Asylpolitik.

Die Innenministerkonferenz in Bremerhaven endete mit einer klaren Botschaft: Illegale Migration soll weiter reduziert werden – durch konsequentere Abschiebungen, schärfere Kontrollen und eine verstärkte europäische Zusammenarbeit. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte an, sich für eine Nachbesserung des neuen europäischen Asylsystems (Geas) starkzumachen. Dieses soll ab 2026 in Kraft treten, doch für Dobrindt reicht die beschlossene Reform noch nicht aus.

Ziel sei es, die Bundespolizei mit erweiterten Zuständigkeiten für das sogenannte Screening auf deutschem Hoheitsgebiet auszustatten. Damit sollen Identitäten erfasst, biometrische Daten aufgenommen und Schutzbedarfe erkannt werden, bevor eine Asylprüfung erfolgt. Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) forderte eine zügige Umsetzung dieser Maßnahmen durch den Bund.

Ein besonders umstrittenes Thema ist die Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erklärte, hier herrsche Einigkeit: Schwere Straftäter und Gefährder sollten „zeitnah“ in ihre Herkunftsländer rückgeführt werden – notfalls durch regelmäßig angesetzte Sammelflüge.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hob zudem die Bedeutung verstärkter Grenzkontrollen hervor. Auch Asylbewerber könnten künftig zurückgewiesen werden – eine Maßnahme, die als Teil eines „Kurswechsels“ in der deutschen Migrationspolitik verstanden wird. Man wolle legale Migration besser steuern und illegale Einreisen verhindern.

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde im Juni 2024 beschlossen. Die Umsetzung liegt nun bei den Mitgliedstaaten. Dobrindt bezeichnete sie als „zentralen Baustein“ zur Steuerung der Zuwanderung – verbunden mit der Hoffnung, dass eine einheitliche EU-Politik nationale Maßnahmen ergänzt und verstärkt.

OZD



OZD-Kommentar
Die Worte der Innenminister klingen nach Kontrolle und Konsequenz – doch hinter der martialischen Rhetorik verbirgt sich eine Mischung aus politischem Druck und pragmatischem Dilemma. Der Wunsch, die Bundespolizei mit neuen Kompetenzen auszustatten und Afghanistan wieder zum Ziel für Abschiebeflüge zu machen, offenbart nicht nur einen Rechtsruck, sondern auch einen Mangel an langfristiger Strategie.

Was als „Kurswechsel“ deklariert wird, könnte sich bald als juristisch angreifbares Vorpreschen entpuppen. Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete sind völkerrechtlich heikel – und sie sind vor allem Symbolpolitik für ein verunsichertes Publikum. Auch die Forderung, Asylbewerber zurückzuweisen, bevor ihr Verfahren geprüft ist, kratzt am Fundament des internationalen Flüchtlingsschutzes.

Die EU wird hier zur Projektionsfläche nationaler Erwartungen. Doch auch eine verschärfte Geas-Reform ersetzt keine durchdachte Migrationspolitik. Solange Fluchtursachen ignoriert und Aufnahmestrukturen überfordert bleiben, bleibt die Rhetorik leer – und der „Kurswechsel“ bloß ein Wort ohne Richtung.


OZD-Analyse
1. Hintergrund der Geas-Reform:
a) Ziel: Einheitliches Asylverfahren an den EU-Außengrenzen
– Screening, Registrierung, Sicherheits-Checks
– Schnellverfahren für aussichtslose Asylanträge
– Solidarischer Verteilmechanismus unter Mitgliedstaaten

b) Problemfelder:
– Umsetzung in nationales Recht bleibt komplex
– Menschenrechtliche Standards variieren zwischen Staaten
– Gefahr der Abschottung und Rechtsunsicherheit für Geflüchtete

2. Rolle der Bundespolizei:
– Bisher primär für Grenzkontrollen und Abschiebungen zuständig
– Zukünftig auch mit Screening und Identitätsprüfungen betraut
– Erweiterung bedarf rechtlicher Grundlage durch Bundestag

3. Politische Dynamik:
– CSU und CDU fordern rigoroses Vorgehen, besonders gegenüber Afghanistan und Syrien
– SPD folgt mit, zeigt aber teils Vorbehalte
– FDP mahnt zur Rechtsstaatlichkeit, Grüne kritisieren die Härte der Maßnahmen


Erklärungen:
Was ist das Gemeinsame Europäische Asylsystem (Geas)?
Das Geas ist ein EU-weites Regelwerk zur Koordination von Asylverfahren. Ziel ist es, durch gemeinsame Standards, Verfahren und Datenbanken das Asylsystem in Europa gerechter, effizienter und kontrollierbarer zu machen. Es beinhaltet unter anderem verpflichtende Schnellverfahren, Sicherheitsüberprüfungen und einen Solidaritätsmechanismus für Mitgliedstaaten.

Was ist das Screening-Verfahren?
Beim Screening handelt es sich um ein verpflichtendes Vorverfahren für neu ankommende Drittstaatsangehörige. Es umfasst die Aufnahme biometrischer Daten, Gesundheits-Checks, Sicherheitsprüfungen und die Klärung der Identität. Erst danach erfolgt die Entscheidung über ein Asyl- oder Abschiebeverfahren.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.