Mit Alfred Brendel ist eine der prägenden Musikerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts von uns gegangen. Sein Tod im Alter von 94 Jahren markiert das Ende einer Ära – nicht nur für die Welt der klassischen Musik, sondern auch für ein Verständnis von Kunst, das sich durch Tiefe, Klarheit und Demut auszeichnete.
Brendel war kein Virtuose im herkömmlichen Sinne, keiner, der durch Geschwindigkeit oder spektakuläre Gesten beeindrucken wollte. Sein Spiel war von geistiger Durchdringung und Ernsthaftigkeit geprägt – nie effektheischend, immer der Musik verpflichtet. Seine Beethoven- und Schubert-Interpretationen galten als Referenz, seine Mozart-Aufnahmen als lehrreich im besten Sinne.
Dabei blieb Brendel stets auch ein Künstler mit Humor, Ironie und einer klaren Haltung. Er war Pianist, aber auch Essayist, Dichter und ein wacher Intellektueller, der über Musik ebenso präzise zu schreiben verstand wie sie zu spielen.
Dass er sich 2008 bewusst aus dem Konzertleben zurückzog, war Ausdruck seiner Selbstreflexion und Souveränität – Eigenschaften, die sein gesamtes Wirken prägten. Seine Aussage, dass ihm „das Adrenalin“ am meisten fehlen werde, zeugt von der tiefen Verbindung zum Moment der Aufführung – einem Moment, den er so oft für sein Publikum unvergesslich machte.
Schlussgedanke:
Mit Brendel verliert die Musikwelt nicht nur einen Jahrhundert-Pianisten, sondern auch eine moralische Instanz künstlerischer Integrität. Sein Vermächtnis bleibt – in Aufnahmen, in Texten, vor allem aber im bleibenden Eindruck seines klugen, tief empfundenen Spiels.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP