Luxemburg/Brüssel – Wer den Markt dominiert, trägt Verantwortung – und muss mit Konsequenzen rechnen. So lässt sich die klare Haltung der EU-Generalanwältin Juliane Kokott zusammenfassen. In ihren Schlussanträgen empfiehlt sie dem Europäischen Gerichtshof, Googles Berufung gegen ein Milliardenbußgeld abzuweisen. 4,124 Milliarden Euro – eine Summe, die selbst für einen Internetgiganten nicht ohne Bedeutung ist.
Doch es geht längst nicht nur um Geld. Es geht um Machtmissbrauch durch Marktbeherrschung – konkret durch Googles Android-Betriebssystem, das auf Milliarden Smartphones läuft. Der Vorwurf: Google zwang Hersteller, eigene Dienste wie Chrome oder die Google-Suche zu bevorzugen – oder sie verloren den Zugang zum lukrativen Play Store. Wer Google wollte, musste Google nehmen – exklusiv.
Das klingt nicht nach „offenem Wettbewerb“, sondern nach digitalem Zwangskorsett. Und genau darin sieht die EU-Kommission seit Jahren ein Kartellproblem. Dass nun auch die Generalanwältin diese Einschätzung teilt und von einer "Gesamtstrategie zur Marktsicherung" spricht, ist ein deutliches Signal.
Google hat zwar einige dieser Praktiken längst geändert – doch gegen die Geldbuße kämpft der Konzern weiterhin verbissen. Verständlich: Die Strafe ist hoch, der Image-Schaden auch. Aber vor allem steht eine Grundsatzfrage im Raum: Dürfen Plattformen wie Google nach Belieben entscheiden, welche Apps und Dienste Nutzer auf ihren Geräten finden?
Für die EU ist die Antwort klar: Nein. Fairer Wettbewerb bedeutet Wahlfreiheit – nicht vorinstallierte Vormacht.
Das Verfahren ist nur eines von mehreren. Ob bei Preisvergleichen oder Online-Werbung – die Auseinandersetzung zwischen Brüssel und Alphabet, Googles Mutterkonzern, ist längst ein Dauerbrenner im Machtkampf zwischen Regulierung und Big Tech.
Das Urteil steht noch aus – aber die Schlussanträge setzen einen Ton: Die Zeit der Selbstregulierung ist vorbei. Europa nimmt die Tech-Giganten ernst – und das sollten sie auch umgekehrt tun.
OZD
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Bild: AFP