Manchmal ist Verzicht ein Zeichen von Stärke. Laura Siegemund, mit 37 Jahren die letzte verbliebene deutsche Hoffnung im Einzel von Wimbledon, trifft mit dem Rückzug aus dem Mixed eine sportlich kluge Entscheidung – und zeigt, wie professionelles Prioritäten-Management im Tennissport aussehen kann.
Nach ihrem sensationellen Triumph gegen Madison Keys am Freitag steht die Schwäbin völlig verdient erstmals in einem Wimbledon-Achtelfinale. Dass sie nun auch im Doppel gemeinsam mit Beatriz Haddad Maia souverän das britische Duo Burrage/Kartal besiegte, unterstreicht ihre Formstärke – und ihre Vielseitigkeit.
Doch drei Wettbewerbe auf Rasen, bei oft unberechenbarem Zeitplan und ständiger Belastung? Selbst für eine zähe Kämpferin wie Siegemund wäre das kaum realistisch. Ihre Einschätzung vom Freitag, „es wird tough“, war keine leere Floskel – sie war eine ehrliche Ankündigung. Der nun vollzogene Rückzug aus dem Mixed, das sie mit dem erfahrenen Franzosen Édouard Roger-Vasselin bestreiten wollte, ist daher nachvollziehbar und absolut vernünftig.
Vor allem, weil der Fokus nun auf dem Einzel liegt – dem Turnier ihres Lebens, wie es sich andeutet. Am Sonntag wartet mit Solana Sierra eine machbare Gegnerin, auch wenn in Wimbledon nichts selbstverständlich ist. Aber: Die Chance auf ein Viertelfinale ist da. Und sie ist verdient.
Dass Siegemund trotz ihres Alters und der vielen Verletzungen ihrer Karriere erneut ein solches Niveau erreicht, ringt Respekt ab. Sie ist nicht die lauteste, nicht die meistgefeierte Spielerin im deutschen Tennis – aber vielleicht aktuell die konstanteste. Und definitiv die zäheste.
Im Doppel ist mit Haddad Maia ebenfalls noch einiges möglich – die Chemie stimmt, die Matches bisher waren souverän. Das lässt träumen. Ein Traum, der mit einem durchdachten Verzicht vielleicht ein Stück näher rückt.
OZD
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