Genf. Kurz vor dem Neustart der UN-Verhandlungen zum weltweiten Kampf gegen Plastikverschmutzung haben internationale Medizinexperten eindringlich vor den Gesundheitsrisiken von Kunststoff gewarnt. In einem aktuellen Bericht im Fachjournal The Lancet bezeichnen die Autorinnen und Autoren Plastikmüll als eine „ernsthafte, wachsende und unterschätzte Gefahr“ – mit potenziell tödlichen Folgen.
Insbesondere Mikroplastik, das inzwischen in Organismen, Böden, Gewässern und auch im menschlichen Körper nachgewiesen wurde, könnte langfristig schwerwiegende Auswirkungen auf Organe, Immunsystem und Stoffwechsel haben – auch wenn die Forschung hierzu noch am Anfang steht. Dennoch sei es laut der Fachleute unverantwortlich, auf eindeutige Beweise zu warten, bevor politisch gehandelt werde.
„Plastik verursacht Krankheiten – von der Geburt bis ins hohe Alter“, erklärte Philip Landrigan, einer der federführenden Autoren des Berichts. An die Delegierten aus fast 180 Ländern appellierte er, das Ausmaß der Bedrohung ernst zu nehmen und in Genf eine gemeinsame Basis für ein global bindendes Abkommen zu schaffen.
Die Verhandlungen gelten als entscheidend für den internationalen Umgang mit der Plastikflut, die jährlich Millionen Tonnen Abfälle in Meere, Flüsse und Landschaften spült. Der letzte Anlauf im Dezember 2024 in Busan (Südkorea) war gescheitert – unter anderem am Widerstand einiger rohstoffreicher Staaten, die am Export von fossilen Ausgangsstoffen für Plastik verdienen.
Deutschland gehört zu den mehr als hundert Ländern, die ein ambitioniertes Abkommen unterstützen. Doch ohne Einigkeit mit den Blockierern – unter ihnen mehrere große Erdölstaaten – droht das Abkommen in seiner Wirkung weit hinter den Erwartungen zurückzubleiben.
Kommentar:
Der Bericht aus The Lancet verdeutlicht, dass Plastik längst nicht mehr nur ein ökologisches Problem ist – sondern ein medizinisches. Doch internationale Machtinteressen und wirtschaftliche Abhängigkeiten verhindern bislang entschlossenes Handeln. Das Ringen in Genf wird damit auch zum Lackmustest für die Frage, ob globale Umweltpolitik bereit ist, wissenschaftliche Warnungen ernst zu nehmen – oder weiter wirtschaftliche Interessen über den Schutz menschlicher Gesundheit stellt.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr laut The Lancet, UN-Umweltprogramm und DPA, Stand: 4. August 2025
Bild: AFP