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„Skandal-Entscheidung in Venedig: Jarmusch triumphiert, Gaza-Film nur Silber“

Jim Jarmusch gewinnt mit „Father Mother Sister Brother“ den Goldenen Löwen in Venedig – und überstrahlt damit das hochgehandelte Gaza-Drama „The Voice of Hind Rajab“, das viele Zuschauer zu Tränen rührte.

Das Filmfestival von Venedig endete mit einer Entscheidung, die Diskussionen auslösen dürfte. Der Goldene Löwe ging an Jim Jarmuschs leises Familiendrama „Father Mother Sister Brother“, in dem Stars wie Cate Blanchett, Adam Driver und Tom Waits glänzen. Der US-Regisseur, längst eine Legende des Independent-Kinos, dankte der Jury für die Anerkennung – und trug demonstrativ ein Abzeichen mit dem Wort „Enough“ als stillen Protest gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen.

Viele hatten damit gerechnet, dass der Goldene Löwe an das Doku-Drama „The Voice of Hind Rajab“ geht. Der Film von Kaouther Ben Hania über das Schicksal eines fünfjährigen Mädchens, das bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen getötet wurde, war am Mittwoch mit einem minutenlangen Applaus gefeiert worden. Zuschauer berichteten von Tränen im Saal. Doch die Jury unter Vorsitz von Alexander Payne entschied sich anders – und verlieh dem Gaza-Drama den Silbernen Löwen.

Weitere Preise gingen an die chinesische Schauspielerin Xin Zhilei („The Sun Rises on US All“) und den Italiener Toni Servillo („La Grazia“). Servillo nutzte seine Dankesrede für ein klares politisches Statement: Er würdigte die pro-palästinensischen Aktivisten um Greta Thunberg, die mit einer Hilfsflotte Kurs auf Gaza genommen haben.

Der Gaza-Krieg war in Venedig allgegenwärtig. Rund 2000 Filmschaffende forderten in einem offenen Brief unter dem Titel „Venice4Palestine“ eine deutlichere Positionierung gegen die israelische Kriegsführung. Unter den Unterzeichnern: Hollywood-Größen wie Guillermo del Toro und Todd Field.

Hintergrund ist der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem über 1200 Menschen getötet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Israel reagierte mit massiven Offensiven, bei denen nach Angaben der Hamas-Behörden mehr als 64.300 Menschen starben – Zahlen, die international nicht unabhängig überprüft werden können.

OZD


OZD-Kommentar

Die Jury von Venedig hat sich für Kunst statt für das politische Erdbeben entschieden – und damit ein Statement gesetzt, das wohl noch lange nachhallt. Der Goldene Löwe für Jarmusch wirkt wie eine Flucht in den Eskapismus, während die Realität des Gaza-Krieges Tausende erschüttert. Doch genau das macht Festivals so brisant: Sie spiegeln die Zerrissenheit zwischen Kunstfreiheit und moralischer Verantwortung. Prognose: Der Streit um Venedigs Entscheidung wird die Filmwelt spalten – und das Festival 2025 dürfte politischer sein als je zuvor.


Lesermeinungen

„Der Gaza-Film hätte den Goldenen Löwen verdient – Jarmusch wirkt dagegen blass.“ (Miriam Scholz)
„Endlich mal eine Jury, die sich nicht von politischem Druck leiten lässt.“ (Klaus R.)
„Ich finde es richtig, dass in Venedig Kunst im Vordergrund steht, aber das Schweigen zu Gaza ist bedrückend.“ (Andrea Voigt)


OZD-Lernen

Filmfestivals sind längst nicht mehr nur Kulturveranstaltungen, sondern politische Bühnen. Die Verleihung in Venedig zeigt, wie stark Kunst und Weltpolitik miteinander verflochten sind – und wie schwer Jurys Entscheidungen fallen, wenn Filme mehr sind als bloße Unterhaltung.


Mini-Infobox

Goldener Löwe – Filmfestival Venedig
– höchster Preis der „Mostra“ seit 1949
– ausgezeichnet werden Spielfilme aus aller Welt
– gilt neben Cannes und Berlin als wichtigster Filmpreis Europas
– frühere Gewinner: Sophia Coppola, Ang Lee, Chloé Zhao, Michael Moore


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.