Nach vier zähen Runden haben Arbeitgeber und Gewerkschaft IG Metall in der nordwestdeutschen Stahlindustrie eine Einigung erzielt. Wie die Gewerkschaft in der Nacht zum Mittwoch mitteilte, erhalten die Beschäftigten ab Januar 2026 eine Lohnerhöhung von 1,75 Prozent. Auch die Auszubildendenvergütungen steigen – um monatlich 75 Euro. Der neue Tarifvertrag läuft bis Ende 2026.
Darüber hinaus konnten bestehende Vereinbarungen verlängert werden: Dazu zählen Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung, zu Werkverträgen und zur Altersteilzeit. Geregelt sind darin unter anderem die Übernahme von Auszubildenden, die Möglichkeit einer Arbeitszeitabsenkung auf bis zu 28 Stunden mit Teilentgeltausgleich sowie flexible Arbeitszeitkonten.
IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler zeigte sich erleichtert über den Abschluss, übte aber Kritik am langen Ringen: „Bedauerlicherweise hat es vier Verhandlungsrunden gebraucht, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Zum Glück haben sich am Ende alle ihrer Verantwortung gestellt.“ Das Ergebnis trage der „besonderen Situation im Stahl“ Rechnung. Nun müsse die Politik dringend für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen.
Die Friedenspflicht in der Branche war genau um Mitternacht ausgelaufen. Noch am Dienstag hatte die Gewerkschaft die Gespräche als „letzten Einigungsversuch“ bezeichnet und mit Warnstreiks gedroht. Am Ende stand doch die Einigung – unter dem Vorbehalt der Zustimmung von Tarifkommission und IG-Metall-Vorstand.
OZD
OZD-Kommentar
Die Einigung in der Stahlindustrie ist ein Kompromiss, der vor allem eines zeigt: Die Gewerkschaften haben ihren Druckmittelpunkt nicht ausgereizt. 1,75 Prozent ab 2026 sind ein später und bescheidener Schritt, wenn man die aktuellen Belastungen der Beschäftigten betrachtet. Die Arbeitgeber haben sich durch zähe Verhandlungen Luft verschafft – und die IG Metall musste auf schnelle Fortschritte verzichten. Kritisch bleibt, dass zentrale Zukunftsfragen ungelöst sind: Energiepreise, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz. Ohne entschlossenes politisches Handeln droht der Tarifabschluss nur eine Verschnaufpause statt einer langfristigen Sicherung zu sein.
OZD-Analyse
1. Kernpunkte des Tarifabschlusses
Lohnerhöhung um 1,75 % ab Januar 2026
Plus 75 Euro monatlich für Auszubildende
Laufzeit bis 31. Dezember 2026
2. Verlängerung bestehender Regelungen
a) Übernahme von Auszubildenden
b) Arbeitszeitabsenkung auf 28 Stunden mit Teilentgeltausgleich
c) Altersteilzeit und Arbeitszeitkonten
3. Bedeutung für die Branche
Abschluss bringt kurzfristig Stabilität und verhindert Streiks
Beschäftigte erhalten mehr Sicherheit, Arbeitgeber Planbarkeit
IG Metall stärkt ihre Position, doch die politische Dimension – Transformation der Stahlindustrie – bleibt ungelöst

Mini-Infobox
Branche: Nordwestdeutsche Stahlindustrie
Beschäftigte: rund 68.000
Lohnerhöhung: +1,75 % ab 2026
Azubi-Zuschlag: +75 Euro pro Monat
Tariflaufzeit: bis Ende 2026
Was ist die IG Metall?
Die IG Metall ist mit über zwei Millionen Mitgliedern die größte
Einzelgewerkschaft in Deutschland und eine der mächtigsten weltweit. Sie
vertritt Beschäftigte in Metall- und Elektroindustrie, Stahlindustrie,
Textil- und Holzbranche sowie in IT und Dienstleistungen. Die
Gewerkschaft ist bekannt für ihre Durchsetzungsstärke in
Tarifverhandlungen und für innovative Modelle zur Arbeitszeitgestaltung.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.