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Stahlgipfel im Kanzleramt: Merz mahnt – doch die Zukunft der Branche entscheidet sich in Brüssel (Kommentar)

Beim Stahlgipfel im Kanzleramt betont Kanzler Merz die Bedeutung der Branche. Doch zwischen EU-Auflagen und Energiepreisen fehlt ein klarer Kurs.

Beim Stahlgipfel im Kanzleramt hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die zentrale Bedeutung der deutschen Stahlindustrie hervorgehoben. „Deutschland braucht die Stahlindustrie – wettbewerbsfähig, zukunftssicher, modern“, erklärte Merz vor dem Treffen in Berlin. Stahl sei strategisch wichtig für Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Wohlstand.

Neben Vertretern der Industrie und der Gewerkschaften nahmen auch mehrere Ministerpräsidenten teil. Im Fokus des Gipfels: der Kampf gegen Billigkonkurrenz aus Asien, die Zölle der USA unter Präsident Donald Trump und die enormen Kosten der Transformation zur grünen Stahlproduktion.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) bekräftigte die Unterstützung der Bundesregierung: Deutschland stehe „fest zum Stahlstandort“. Ziel sei es, faire Wettbewerbsbedingungen, Schutz vor Dumpingimporten und bezahlbare Energie zu sichern. Doch viele zentrale Entscheidungen liegen nicht in Berlin, sondern in Brüssel – von der Gestaltung der CO2-Grenzabgabe (CBAM) bis zu Einfuhrbeschränkungen und Subventionsfragen.

Die Industrie fordert Klarheit und Tempo. Gunnar Groebler und Kerstin Maria Rippel von der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnen: Ohne wirksamen Handelsschutz und realistische Energiepreise drohe Deutschland, seine industrielle Basis zu verlieren. Auch die neue Thyssenkrupp-Steel-Chefin Marie Jaroni fordert politische Konsequenz: Infrastrukturprojekte sollten gezielt mit europäischem Stahl umgesetzt werden.

Der Stahlgipfel sollte vor allem eines bringen – eine gemeinsame Linie gegenüber Brüssel. Doch das allein wird nicht reichen. Die Branche braucht nicht nur politische Lippenbekenntnisse, sondern konkrete Entscheidungen: niedrigere Energiekosten, verlässliche Planungssicherheit und ein Klimaschutzsystem, das Wettbewerbsfähigkeit nicht bestraft.

Kommentar:
Es ist bezeichnend, dass die deutsche Stahlindustrie ihre Zukunft nicht in Essen, Duisburg oder Salzgitter verhandelt, sondern in Brüssel. Die Politik redet vom „strategischen Interesse“, während Betriebe längst mit existenziellen Fragen kämpfen. Ohne bezahlbare Energie, echte Investitionsanreize und Schutz vor Dumpingpreisen bleibt der Satz „Deutschland braucht Stahl“ ein symbolisches Mantra – aber keine Strategie.

Stahl ist mehr als ein Rohstoff: Er steht für industrielle Souveränität, für Arbeit und Wertschöpfung im Land. Wenn Europa und Deutschland weiter zögern, wird die Dekarbonisierung der Industrie zum Deindustrialisierungsprogramm. Der Appell an Merz und die Bundesregierung kann daher nur lauten: Weniger reden, mehr handeln. Jetzt.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP