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China lockert Chip-Exportverbot: Hoffnung für Europas Industrie

China signalisiert Ausnahmen beim Exportverbot für Nexperia-Chips – die deutsche Industrie atmet auf, doch die Unsicherheit bleibt groß.

Ein Hoffnungsschimmer für die europäische Industrie: China will beim Exportverbot für Nexperia-Chips Ausnahmen zulassen. „Wir werden die tatsächliche Situation der Unternehmen umfassend berücksichtigen und Ausnahmen für Exporte gewähren, die die Kriterien erfüllen“, teilte das chinesische Handelsministerium am Samstag mit.

Das sind „positive erste Signale der Entspannung“, erklärte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin. Noch sei aber „eine abschließende Bewertung der Ankündigung aus Peking derzeit nicht möglich“.

Der Schritt kommt zur rechten Zeit: Die von Chip-Lieferengpässen bedrohte deutsche Auto- und Maschinenbauindustrie stand zuletzt unter enormem Druck. Einige Unternehmen hatten bereits Kurzarbeit vorbereitet, weil wichtige elektronische Steuergeräte fehlten.

Der Hintergrund: Die niederländische Regierung hatte Ende September den Chiphersteller Nexperia – eine Tochter des chinesischen Konzerns Wingtech – unter staatliche Kontrolle gestellt. Peking reagierte empört, untersagte den Export von Nexperia-Halbleitern nach Europa und warf den USA vor, sich in niederländische Verfahren einzumischen, um den chinesischen Firmenchef zu entmachten.

Nexperia ist einer der wichtigsten Halbleiterlieferanten weltweit. Seine Chips werden in Fahrzeugsteuerungen, Sensoren und Industrieanlagen verbaut. Zwar produziert das Unternehmen auch in Europa, doch viele Komponenten werden zur Weiterverarbeitung nach China exportiert – und erst danach an europäische Kunden zurückgeliefert. Das Exportverbot hatte diese Lieferkette abrupt unterbrochen.

Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums erklärte am Samstag, Unternehmen mit Schwierigkeiten könnten sich an das Ministerium oder an örtliche Handelsbehörden wenden, um Ausnahmen zu beantragen. Details zu den Kriterien nannte Peking jedoch nicht.

China machte erneut die „unzulässige Intervention der niederländischen Regierung in interne Unternehmensangelegenheiten“ für „das aktuelle Chaos in der globalen Lieferkette“ verantwortlich.

Wie das Wall Street Journal berichtete, war die Wiederaufnahme der Nexperia-Lieferungen Teil einer Handelsvereinbarung, auf die sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping bei ihrem Treffen am Donnerstag in Südkorea verständigt hatten.

Auch auf EU-Ebene liefen Gespräche: Vertreter Chinas und der Europäischen Union trafen sich am Freitag in Brüssel, um über Exportkontrollen und Handelsfragen zu beraten. Laut EU-Sprecher Olof Gill war es „eine willkommene Gelegenheit, ein Update über neue Maßnahmen und deren Umsetzung auszutauschen“. Dabei ging es insbesondere um Seltene Erden und Exportregelungen – Nexperia wurde nicht ausdrücklich erwähnt.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar

Chinas Entscheidung, Ausnahmen beim Exportverbot für Nexperia-Chips zu prüfen, ist kein Akt der Großzügigkeit – sie ist pure Notwendigkeit. Peking steht unter Druck, den internationalen Handelsfrieden zu wahren, ohne das Gesicht zu verlieren. Die Ankündigung klingt freundlich, bleibt aber vage.
– Europa hängt bei der Chip-Produktion weiterhin am Tropf Chinas.
– Politische Abhängigkeiten bedrohen industrielle Souveränität.
– Ohne eigene Halbleiterstrategie bleibt Europa Spielball globaler Mächte.
Prognose: Sollte Peking die Ausnahmen tatsächlich umsetzen, entspannt sich die Lage nur kurzfristig. Ohne strukturelle Eigenproduktion droht der EU in der nächsten Krise der nächste Produktionsstillstand.

Lesermeinungen

„Endlich mal eine gute Nachricht – vielleicht rollt das Band in Wolfsburg bald wieder.“ – Frank Schneider, Braunschweig
„Europa muss endlich eigene Chips herstellen, sonst bleiben wir abhängig.“ – Michael Huber, Regensburg

OZD-Analyse

1. Wirtschaftliche Bedeutung der Nexperia-Chips
Nexperia produziert essenzielle Halbleiter für Autoindustrie und Maschinenbau. Ein Ausfall der Lieferkette hätte massive Produktionsstopps in Deutschland, Frankreich und Italien zur Folge gehabt.

2. Politische Dimension des Konflikts
a) Ursprung: Der niederländische Staat griff in die Kontrolle von Nexperia ein – offiziell aus Sicherheitsgründen.
b) Reaktion Chinas: Exportverbot, Schuldzuweisungen an die USA.
c) Folgen: Eskalation der Handelsbeziehungen, Angst vor einem neuen Technologiekrieg.

3. Die internationale Dynamik
– Das Treffen zwischen Trump und Xi signalisiert vorsichtige Annäherung.
– Europa bleibt Beobachter und Verhandlungspartner, aber ohne eigene Machtbasis.
– Eine EU-Strategie für kritische Technologien wird immer dringlicher.

OZD-Erklärung

Was ist Nexperia?
Nexperia ist ein weltweit tätiger Halbleiterhersteller mit Sitz in Nijmegen, Niederlande. Das Unternehmen produziert Leistungshalbleiter, Dioden und Transistoren, die in Autos, Smartphones und Industrieanlagen verbaut werden. Nexperia beschäftigt über 14.000 Mitarbeiter und gehört seit 2019 zum chinesischen Konzern Wingtech Technology.

OZD-Erklärung

Was ist Wingtech?
Wingtech Technology ist ein chinesischer Mischkonzern mit Schwerpunkten in Halbleitern, Telekommunikation und Elektronikfertigung. Durch die Übernahme von Nexperia sicherte sich Wingtech Zugriff auf zentrale Technologien der europäischen Chipproduktion.

OZD-Erklärung

Was sind Seltene Erden?
Seltene Erden sind 17 chemische Elemente, die für Hightech-Produkte wie Computerchips, E-Autos und Raketentechnik unverzichtbar sind. China kontrolliert über 80 Prozent der weltweiten Verarbeitung dieser Rohstoffe – ein entscheidender Hebel in geopolitischen Handelskonflikten.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild: AFP