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Die Chipkrise in Deutschland bleibt

Trotz Entspannung auf den Weltmärkten kämpfen viele deutsche Unternehmen weiter mit Chipmangel. Eine neue Bitkom-Umfrage zeigt: 60 Prozent der Betriebe berichten über Versorgungsprobleme – und die Angst vor Taiwan wächst.

Die deutsche Wirtschaft bleibt in Sorge um ihre technologische Versorgungssicherheit. Laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom berichten 60 Prozent der Unternehmen über anhaltende Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Computer-Chips. Besonders beklagt werden Lieferverzögerungen, Preissprünge und Exportbeschränkungen. Damit hat sich die Lage zwar im Vergleich zu den Krisenjahren 2021 und 2023 etwas entspannt – doch Entwarnung geben die Firmen nicht.

„Die Lage auf dem Halbleitermarkt bleibt angespannt – auch wenn sich die schlimmsten Engpässe gelöst haben“, erklärte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Besonders die geopolitischen Spannungen im Indopazifik bereiten Sorgen: 92 Prozent der chipintensiven Betriebe bewerten Chinas Drohungen gegenüber Taiwan als ernsthafte Gefahr für ihre Lieferketten.

Die Zahlen zeigen die Abhängigkeit deutlich: 28 Prozent der deutschen Firmen beziehen Chips direkt aus Taiwan, 72 Prozent aus den USA, 63 Prozent aus China. Deutsche Hersteller kommen auf 54 Prozent – Japan und Südkorea folgen mit rund einem Viertel. Eine Mehrheit der Unternehmen fordert daher eine stärkere europäische Eigenproduktion.

Als Reaktion hat die Bundesregierung am Mittwoch ihre Mikroelektronikstrategie beschlossen – Teil der nationalen Hightech-Agenda, die Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Halbleiter fördern soll. „Deutschland muss Entwickler und Hersteller bleiben, nicht nur Anwender“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Ziel sei es, Abhängigkeiten zu verringern und Lieferketten widerstandsfähiger zu machen.

Bitkom begrüßte die Strategie ausdrücklich. Sie solle nicht nur neue Fertigungskapazitäten schaffen, sondern auch den Fachkräftemangel bekämpfen. Denn trotz wachsender Investitionen fehlen in der Branche nach wie vor tausende Ingenieure und Techniker.


OZD-Kommentar:
Deutschlands technologische Zukunft hängt an winzigen Bauteilen – und an fernen Inseln. Die Chipkrise ist mehr als ein Lieferproblem, sie ist ein geopolitischer Weckruf. Jahrzehntelang hat Europa Fertigung ausgelagert, um Kosten zu sparen. Jetzt zeigt sich der Preis: Abhängigkeit von autoritären Regimen, fragile Lieferketten und wachsender Druck aus Peking. Die neue Mikroelektronikstrategie ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber sie kommt spät. Wer digital souverän sein will, muss Chips produzieren, bevor sie fehlen.




Mini-Infobox:

Betroffene Unternehmen: 60 % melden Engpässe

Hauptlieferanten: USA (72 %), China (63 %), Taiwan (28 %)

Gefahr: 92 % sehen Taiwan-Konflikt als Risiko

Regierungsstrategie: Förderung europäischer Chipproduktion

Ziel: Unabhängigkeit und Fachkräfteaufbau


OZD-Analyse:

Wirtschaftliche Lage
– a) 60 % der Unternehmen klagen über Chipmangel.
– b) Lieferketten bleiben global verwundbar.
– c) Preissprünge und Exportrestriktionen verschärfen Unsicherheit.

Geopolitische Risiken
– a) Taiwan als zentraler Produktionsstandort.
– b) Chinas Drohungen gefährden weltweite Lieferketten.
– c) USA verlieren Vertrauen als stabiler Partner.

Politische Gegenmaßnahmen
– a) Mikroelektronikstrategie als Reaktion auf Chipabhängigkeit.
– b) Förderung europäischer Fabriken und Forschung.
– c) Ziel: mehr Eigenproduktion, weniger Abhängigkeit.


Was ist die Mikroelektronikstrategie der Bundesregierung?
Die Mikroelektronikstrategie ist Teil der deutschen Hightech-Agenda. Sie soll den Aufbau eigener Chipfertigung, Forschung und Lieferketten in Europa fördern. Ziel ist es, Abhängigkeiten von Asien und den USA zu verringern und die technologische Souveränität Deutschlands zu sichern.

Wer ist Ralf Wintergerst?
Ralf Wintergerst ist Präsident des Digitalverbands Bitkom und Vorstandsvorsitzender des IT-Sicherheitsunternehmens Giesecke+Devrient. Er gilt als eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Digitalwirtschaft und warnt regelmäßig vor der wachsenden Abhängigkeit Europas von außereuropäischen Technologieanbietern.




OZD-Extras:
Fun-Fact: In einem modernen Elektroauto stecken durchschnittlich über 1.000 Mikrochips – Tendenz steigend. Schon der Ausfall eines einzigen Bauteils kann die Produktion ganzer Fahrzeugserien stoppen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.