Mit einem großen Staatsakt feiert Deutschland den 70. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr. Auf dem Platz der Republik in Berlin legen am Mittwoch 280 Soldatinnen und Soldaten ein feierliches Gelöbnis ab. Rund 2000 Gäste, darunter Politiker, Militärs und Angehörige, werden erwartet. Reden halten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Am Nachmittag folgt eine Sondersitzung des Bundestags, in der die Abgeordneten über die Rolle der Streitkräfte und die Zukunft des Wehrdienstes debattieren. Das Thema ist aktueller denn je: Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fordern Politiker aus Regierung und Opposition, die Wehrpflicht oder eine Form des Pflichtdienstes wieder ernsthaft zu prüfen.
Die Bundeswehr wurde am 12. November 1955 – zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – gegründet. Damals überreichte Verteidigungsminister Theodor Blank den ersten 101 Freiwilligen in Bonn ihre Ernennungsurkunden. Es war der Beginn einer neuen deutschen Armee – eingebettet in die NATO und mit dem Anspruch, „Armee der Demokratie“ zu sein.
Heute steht die Bundeswehr vor völlig neuen Herausforderungen: Fachkräftemangel, Ausrüstungsdefizite und die Forderung nach mehr Verteidigungsfähigkeit in Zeiten globaler Spannungen prägen die politische Diskussion. Pistorius gilt als treibende Kraft einer Reform, die den Dienst attraktiver und moderner machen soll.
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OZD-Kommentar:
70 Jahre Bundeswehr – das ist mehr als ein Jubiläum, es ist ein
Prüfstein. Nie war die Frage so brisant, wofür Deutschland seine Armee
braucht – und wofür sie bereit ist, Opfer zu bringen. Zwischen
Zeitenwende und Realität klafft eine gefährliche Lücke: Panzer ohne
Ersatzteile, Kasernen ohne Nachwuchs, politische Reden ohne Taten.
Pistorius spricht von Wehrhaftigkeit, doch sie beginnt nicht mit
Symbolen, sondern mit Konsequenz. Wenn das Gelöbnis heute ertönt, dann
erinnert es an ein Versprechen: Die Bundeswehr soll nicht wieder Mittel
der Macht, sondern Garant der Freiheit sein. Deutschland muss dieses
Versprechen erneuern – mit mehr Mut als Bürokratie.
Mini-Infobox:
– Gründungsdatum: 12. November 1955
– Ort der Feier: Platz der Republik, Berlin
– Teilnehmer: 280 Soldatinnen und Soldaten, 2000 Gäste
– Redner: Frank-Walter Steinmeier, Boris Pistorius
– Thema im Bundestag: Zukunft des Wehrdienstes
OZD-Analyse
Historische Bedeutung
a) Die Gründung der Bundeswehr 1955 war ein Wendepunkt: Rückkehr Deutschlands in internationale Verantwortung.
b) Ziel war eine demokratisch kontrollierte Armee als Teil des westlichen Verteidigungsbündnisses.
c) Bis heute prägt dieses Selbstverständnis die sicherheitspolitische Identität der Bundesrepublik.
Bundeswehr im Wandel der Zeit
– Von der Verteidigungsarmee zur Einsatzarmee: Auslandseinsätze seit den 1990ern veränderten das Selbstbild.
– Herausforderungen: Unterfinanzierung, Personalnot, technologische Rückstände.
– Zeitenwende fordert Neuorientierung – zwischen Landesverteidigung und globalen Einsätzen.
Ausblick und politische Konsequenzen
– Pistorius’ Reformen sollen Bundeswehr attraktiver machen und Wehrdienstmodelle neu denken.
– Eine Rückkehr zur Wehrpflicht bleibt umstritten, aber realistisch.
– Sicherheitspolitik wird zum gesellschaftlichen Thema – nicht nur militärisch, sondern moralisch.
Was ist die Bundeswehr?
Die Bundeswehr ist
die Streitkraft der Bundesrepublik Deutschland, gegründet 1955. Sie
steht unter der Kontrolle des Bundestags und ist Teil der NATO. Ihre Aufgaben reichen von der Landesverteidigung über internationale Friedenseinsätze bis zur Katastrophenhilfe im Inland.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-Extras
Fun-Fact: Die ersten
101 Soldaten der Bundeswehr legten ihr Gelöbnis 1955 noch in zivilen
Anzügen ab – Uniformen waren damals schlichtweg noch nicht vorhanden.