Vor dem Start der von der Bundesregierung geplanten Rentenkommission hat Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas eine umfassende inhaltliche Offenheit angekündigt. Das Gremium werde „über alles sprechen“, sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf die anstehende Reformdebatte. Ziel sei es, eine langfristig stabile und verlässliche Alterssicherung zu gewährleisten – in einer Zeit, in der das bisherige System zunehmend unter dem demografischen Wandel ächzt.
Bas machte zugleich deutlich, dass die Gespräche nicht konfliktfrei verlaufen dürften. Alle Beteiligten müssten bereit sein, sich zu bewegen. Sie betonte jedoch, dass sie die Interessen derjenigen besonders im Blick behalten wolle, die früh ins Berufsleben eingestiegen seien und über Jahrzehnte Beiträge geleistet hätten. Für diese Menschen müsse eine verlässliche Rente garantiert bleiben.
Das Bundeskabinett will die Rentenkommission noch in dieser Woche offiziell einsetzen. Das 13-köpfige Gremium soll bis Mitte kommenden Jahres Vorschläge für eine tiefgreifende Reform vorlegen. Hintergrund ist das strukturelle Kernproblem des Systems: Immer weniger Beitragszahler finanzieren eine wachsende Zahl von Rentnerinnen und Rentnern.
Zur Besetzung erklärte Bas, ihr sei wichtig gewesen, dass bei einem gesellschaftlich so zentralen Thema unterschiedliche Perspektiven vertreten seien. Die Kommission soll ihre Arbeit bereits im Januar aufnehmen. Medienberichten zufolge übernehmen der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, und die Sozialrechtsprofessorin Constanze Janda gemeinsam den Vorsitz. Unterstützt werden sie von drei stellvertretenden Vorsitzenden aus dem Bundestag sowie acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Kritik kommt jedoch aus der Zivilgesellschaft. Sozial- und Wohlfahrtsverbände bemängeln, dass sie nicht direkt vertreten sind. Der Paritätische Gesamtverband sprach von einem „schweren Konstruktionsfehler“ und zweifelte daran, dass ohne diese Perspektiven tragfähige Vorschläge für eine solidarische Weiterentwicklung der Rente entstehen können. OZD
OZD-Kommentar – Offen reden heißt auch offen entscheiden
Dass die Rentenkommission „über alles sprechen“ will, klingt gut – doch entscheidend ist, wozu sie bereit ist. Seit Jahren wird das Rentensystem verwaltet statt reformiert, aus Angst vor politischen Kosten. Der demografische Wandel lässt sich jedoch nicht wegmoderieren. Wenn die Kommission wirklich offen arbeitet, wird sie auch unbequeme Themen ansprechen müssen: Renteneintrittsalter, Beitragslasten, Steuerzuschüsse und private Vorsorge. Wer dabei nur Zeit gewinnt, aber keine Entscheidungen trifft, verschiebt das Problem auf die nächste Generation.

Lesermeinungen
„Endlich ehrlich über die Rente reden – Danke Frau Bas.“
„Ohne Sozialverbände fehlt der Blick auf Menschen mit kleinen Renten.“
„Reformen ja, aber nicht auf dem Rücken derjenigen, die ihr Leben lang gearbeitet haben.“
Mini-Infobox
– Rentenkommission soll im Januar starten
– 13 Mitglieder aus Politik und Wissenschaft
– Vorschläge bis Mitte kommenden Jahres geplant
– Ziel: langfristig stabile Alterssicherung
– Kritik an fehlender Beteiligung von Sozialverbänden
OZD-Analyse
Ausgangslage der Reform
– a) Demografischer Wandel verschärft Finanzierungsprobleme
– b) Beitragszahler-Rentner-Verhältnis kippt weiter
– c) Handlungsdruck steigt deutlich
Zusammensetzung der Kommission
– a) Starker Fokus auf Wissenschaft und Verwaltung
– b) Politische Steuerung über Bundestagsvizes
– c) Fehlende direkte Stimme der Wohlfahrtsverbände
Politische Risiken
– a) Unpopuläre Entscheidungen wahrscheinlich
– b) Gefahr eines Minimalkonsenses
– c) Vertrauensfrage für kommende Generationen
Wer ist Bärbel Bas?
Bärbel Bas ist Bundesministerin für Arbeit und Soziales und Mitglied der
SPD. Sie verantwortet zentrale sozialpolitische Reformen, darunter die
Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung.
Was ist die Rentenkommission?
Die Rentenkommission ist ein von der Bundesregierung eingesetztes
Expertengremium, das Vorschläge für eine umfassende Reform des
Rentensystems erarbeiten soll. Ziel ist es, die Alterssicherung
angesichts des demografischen Wandels langfristig tragfähig zu machen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.