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Die Machtprobe - SPD hält Linie, Merz ringt mit eigenem Nachwuchs

Kurz vor dem Koalitionsausschuss lehnt die SPD jede Nachverhandlung am Rentenpaket ab – während die Junge Union Kanzler Merz öffentlich unter Druck setzt. Das Paket droht zur innenpolitischen Belastungsprobe zu werden.

Mitten im politischen Ringen um die Zukunft der Rente hat SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf klare Grenzen gezogen. Nachverhandlungen über das bereits im Kabinett einstimmig verabschiedete Rentenpaket werde es nicht geben, stellte er in den Sendern RTL und ntv klar. Alle drei Koalitionspartner hätten ihren Teil beigetragen, nun müsse der Bundestag liefern. „Wir vertrauen da auch auf die Fraktionsführung, auf den Bundeskanzler“, betonte Klüssendorf.

Das Rentenpaket bündelt zentrale Projekte: die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent als SPD-Forderung, die Ausweitung der Mütterrente als CSU-Punkt und die von der CDU durchgesetzte Aktivrente. Ein Aufschnüren komme daher nicht infrage, so Klüssendorf.

Doch genau dieses droht nun: Kanzler Friedrich Merz (CDU) steht unter zunehmendem Druck aus den eigenen Reihen. Die Junge Union (JU) und die Junge Gruppe im Bundestag kritisieren das Paket als finanzielle Hypothek für künftige Generationen. JU-Chef Johannes Winkel forderte Merz in der „Rheinischen Post“ zu Änderungen auf: Der Kanzler habe zugesagt, sich „persönlich um den Rentenstreit“ zu kümmern. Nun müsse er liefern. Ein Entwurf, der 118 Milliarden Euro Mehrkosten verursache, sei „keine enkelfähige Politik“.

Die Junge Gruppe droht gar mit einer Blockade im Parlament – ein ungewöhnlich offener Affront gegen den eigenen Regierungschef. Sie moniert, dass die Stabilisierung des Rentenniveaus vor allem jüngere Generationen über Gebühr belaste.

Das Rentenpaket war Mitte Oktober erstmals im Bundestag beraten worden. Kurz vor dem Koalitionsausschuss wird der Streit nun zum Test für die Geschlossenheit der großen Koalition – und für die Führungsstärke des Kanzlers.

OZD 

OZD-Kommentar:
Der Rentenstreit zeigt gnadenlos, wo die wahren Spannungen in der Berliner Politik liegen: nicht zwischen SPD und Union – sondern mitten in der CDU. Die Junge Union nutzt die Gelegenheit, Merz öffentlich zu stellen und seine Autorität zu testen. Das ist riskant. Ein Kanzler, der die eigene Jugendorganisation nicht hinter sich bringt, wirkt geschwächt – und das ausgerechnet bei einem Thema, das Millionen Bürger betrifft.

Die SPD wiederum wittert ihre Chance: Mit der klaren Absage an Nachverhandlungen signalisiert sie Führungsstärke und hält Merz in der Defensive. Doch eines wird überdeutlich: Wenn die Koalition dieses Rentenpaket nicht stabil durch den Bundestag bringt, droht ein innenpolitischer Flächenbrand. Die eigentliche Frage lautet nämlich nicht, ob die Reform „enkelfähig“ ist – sondern ob die Koalition es überhaupt noch ist.

Mini-Infobox:
Kosten des Pakets: +118 Mrd. Euro über den Koalitionsvertrag hinaus
Kernpunkte: Rentenniveau 48 %, Mütterrente, Aktivrente
Druckfaktor: Drohende Blockade durch Junge Gruppe (CDU/CSU)
Koalitionslage: SPD lehnt Nachverhandlungen strikt ab
Politische Schlüsselakteure: Klüssendorf, Merz, Winkel

OZD-Analyse

Koalitionspolitische Bruchlinien
a) SPD zeigt Geschlossenheit – für Merz gefährlich.
b) Junge Union provoziert Machtprobe im eigenen Lager.
c) CSU hält eigene Erfolge aus dem Paket hoch – möglicher Spagat.

Finanzielle Dimension
– 118 Milliarden Euro Mehrkosten sorgen für Generationendebatte.
– Stabilisierung des Rentenniveaus bleibt politischer Dauerstreitpunkt.
– Aktivrente und Mütterrente verschärfen langfristigen Finanzierungsdruck.

Risiken für Merz
– Autorität gegenüber Nachwuchsorganisation steht auf dem Spiel.
– Scheitert das Paket, fällt die Verantwortung auf ihn zurück.
– Europapolitische und wirtschaftliche Glaubwürdigkeit betroffen.

Was ist die Aktivrente?
Die Aktivrente erlaubt Menschen nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters einen steuerfreien Hinzuverdienst von bis zu 2000 Euro monatlich. Ziel ist es, längeres Arbeiten attraktiver zu machen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

OZD-Extras
Interessanter Fakt: Die Junge Union hat selten so offensiv einen amtierenden CDU-Kanzler unter Druck gesetzt – ein historischer Bruch mit alter Parteidisziplin.