Jede dritte Frau in Deutschland fühlt sich im Beruf durch die Wechseljahre beeinträchtigt – und fast jede zweite Betroffene beschreibt die Belastung sogar als stark. Das zeigt eine am Freitag in Hamburg veröffentlichte Befragung von 2500 Frauen im Auftrag der DAK-Gesundheit. Besonders alarmierend: Jede sechste Frau befürchtet, in dieser Lebensphase am Arbeitsplatz benachteiligt zu werden.
Noch immer ist das Thema für viele ein Tabu. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, dass es ihnen unangenehm sei, mit dem Arbeitgeber über Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen zu sprechen. Über ein Drittel empfindet die Wechseljahre als emotional belastend oder negativ.
Die Liste der Symptome ist lang: 62 Prozent berichten von Hitzewallungen und Schwitzen, 58 Prozent leiden unter Schlafproblemen, 48 Prozent unter Reizbarkeit. Trotz dieser deutlichen Einschränkungen hat mehr als jede dritte Frau bislang keine Maßnahmen ergriffen, um die Beschwerden im Beruf zu lindern. Besonders in kleinen Betrieben bleiben Frauen ohne Hilfe – hier liegt der Anteil derjenigen ohne jede Unterstützung bei 46 Prozent.
Mehr als die Hälfte der Frauen fühlt sich am Arbeitsplatz komplett allein gelassen. Wo es Angebote gibt, betreffen diese meist flexible Arbeitszeiten oder Bewegungs- und Entspannungskurse. Medizinische Unterstützung, Sensibilisierung der Führungskräfte oder ein gesundes Kantinenangebot bleiben die Ausnahme.
DAK-Vorstandsmitglied Ute Wiedemann warnte vor den Folgen: Wechseljahresbeschwerden führten zu fast vierzig Millionen verlorenen Arbeitstagen pro Jahr – ein wirtschaftlicher Schaden von 9,4 Milliarden Euro. Damit werden die Wechseljahre nicht nur zu einer gesundheitlichen, sondern auch zu einer arbeitsmarktpolitischen Herausforderung.
OZD
OZD-Kommentar
Die Zahlen sind ein Schlag ins Gesicht aller, die noch immer glauben, Wechseljahre seien ein privates Problem. Sie sind längst ein gesellschaftliches – und eines, das in deutschen Betrieben massiv unterschätzt wird. Dass jede dritte Frau im Job beeinträchtigt ist und viele aus Scham schweigen, zeigt vor allem eines: Eine Arbeitswelt, die Frauen zwar beschäftigt, sie aber in entscheidenden Lebensphasen im Stich lässt.
Es ist ein Skandal, dass Arbeitgeber erst reagieren, wenn der wirtschaftliche Schaden messbar wird. Fast vierzig Millionen verlorene Arbeitstage – das ist nicht nur ein Alarmsignal, es ist ein Beweis dafür, wie sehr weibliche Gesundheit noch immer als Randthema gilt. Die Wechseljahre müssten längst Chefsache sein. Sensibilisierung, medizinische Programme und flexible Modelle sind keine Nettigkeiten, sondern ein Muss für eine moderne Arbeitskultur.
Deutschland kann es sich schlicht nicht leisten, hochqualifizierte Frauen in einer Lebensphase zu verlieren, die mit Unterstützung problemlos bewältigt werden könnte. Wer jetzt nicht handelt, verpasst den Anschluss an eine Arbeitswelt, die sich fair, klug und zukunftsfähig nennt.
Mini-Infobox
– 2500 Frauen für DAK-Studie befragt
– Jede dritte fühlt sich im Job beeinträchtigt
– 62 Prozent leiden unter Hitzewallungen
– 9,4 Milliarden Euro Kosten pro Jahr
– Über 50 Prozent erhalten keinerlei Arbeitgeberunterstützung
OZD-Analyse
Arbeitswelt und Tabuisierung
a) Viele Frauen scheuen das Gespräch mit Vorgesetzten
b) Fehlende Strukturen verstärken das Schweigen
c) Betriebe unterschätzen gesundheitliche Belastungen systematisch
Ökonomische Auswirkungen
– Milliardenkosten durch Arbeitsausfälle und Produktivitätsverlust
– Fachkräftemangel verschärft sich durch fehlende Unterstützung
– Kleine Betriebe besonders betroffen
Handlungsfelder für Arbeitgeber
a) Flexible Arbeitszeitmodelle
b) Sensibilisierung von Führungskräften
c) Ausbau medizinischer und psychologischer Unterstützungsangebote
ErklärungenWas sind die Wechseljahre?
Die Wechseljahre, medizinisch
Menopause und Perimenopause, bezeichnen den natürlichen hormonellen
Übergang im Leben einer Frau. Dabei sinken Östrogen- und
Progesteronspiegel, was zu Hitzewallungen, Schlafstörungen,
Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen und weiteren Beschwerden
führen kann. Die Phase beginnt meist zwischen 40 und 50 Jahren und kann
mehrere Jahre andauern.
Interessant: In Großbritannien gilt das Thema bereits als eigener arbeitsrechtlicher Bereich – Unternehmen entwickeln dort systematische Menopause-Strategien. Deutschland hinkt deutlich hinterher.
OZD-Extras
Was ist die Menopause einer Frau?
Die Menopause: Ein Wendepunkt im Leben jeder Frau
Mit der Menopause beginnt für Frauen ein neuer Lebensabschnitt. Sie bezeichnet die allerletzte Menstruation und tritt meist zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. Der genaue Zeitpunkt lässt sich nur rückblickend bestimmen, wenn zwölf Monate lang keine Blutung mehr aufgetreten ist. Ab jetzt ist keine Verhütung mehr notwendig und die Fruchtbarkeit endet.
Im Körper der Frau sinkt die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone, insbesondere Östrogen und Progesteron. Die hormonellen Veränderungen können verschiedene Beschwerden verursachen, zum Beispiel Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Gewichtszunahme. Doch nicht alle Frauen sind betroffen: Ein Drittel spürt gar keine Symptome, ein weiteres Drittel nur leichte Veränderungen.
Die Menopause ist keine Krankheit, sondern ein natürlicher Teil des Lebens. Für viele Frauen bedeutet sie zugleich Freiheit von zyklusbedingten Beschwerden und neue Möglichkeiten zur Selbstentfaltung. Mit dem Ende der Menstruation verschwindet zum Beispiel das prämenstruelle Syndrom, und Sorgen um Verhütung oder monatliche Beschwerden gehören der Vergangenheit an. Viele Frauen nutzen diese Lebensphase bewusst dafür, ihre Gesundheit und ihren Lebensstil zu überdenken. Gesunde Ernährung, Bewegung und Stressabbau können helfen, den Körper nachhaltig zu stärken.
Die Wechseljahre umfassen einen Zeitraum von etwa zehn bis fünfzehn Jahren und lassen sich in vier Phasen unterteilen: Prämenopause, Perimenopause, Menopause und Postmenopause. Jede Frau durchläuft diesen Prozess auf individuelle Weise. Nach der Menopause beginnt die Postmenopause, in der sich der Hormonhaushalt stabilisiert und der Körper eine neue Balance findet.
Die Menopause markiert nicht nur das Ende der Gebärfähigkeit, sondern eröffnet auch Chancen für persönliche Entwicklung, Gesundheit und Wohlbefinden. Offenheit und Unterstützung helfen, diesen natürlichen Wandel als positiven Abschnitt im Leben zu erleben.
Die Menopause kann aber auch erhebliche Auswirkungen auf die Partnerschaft haben, da sie sowohl körperliche als auch psychische Veränderungen auslöst. Häufig kommt es zu Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Hitzewallungen oder innerer Unruhe, die das Zusammenleben besonders herausfordern können. Frauen erleben oft verminderte Lust auf Intimität oder sogar Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, was sich direkt auf die Sexualität und Nähe im Paar auswirkt.
Zudem bringt die hormonelle Umstellung häufig ein verändertes Selbstbild, Unsicherheiten und Ängste mit sich, was das Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann. Dadurch können Gefühle wie Rückzug, Gereiztheit oder depressive Verstimmungen auftreten, die beide Partner emotional belasten. In dieser Lebensphase ziehen viele Frauen zudem Bilanz über ihr bisheriges Leben, stellen Routinen und Prioritäten infrage und setzen neue Grenzen; dies kann einer Beziehung neue Dynamik verleihen – aber auch vermehrten Konflikt bedeuten.
Positiv betrachtet eröffnet die Menopause die Möglichkeit zur Neuorientierung und Stärkung der Partnerschaft: Ehrliche Gespräche, gegenseitiges Verständnis und Mitgefühl sind besonders wichtig. Gemeinsames Meistern der Herausforderungen kann die Beziehung vertiefen und den Zusammenhalt stärken. Bei Bedarf kann professionelle Hilfe in Form von Beratung oder Therapie sinnvoll sein, um äußere und innere Veränderungen gemeinsam zu bewältigen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.