Die Hoffnung war groß, das Erwachen schmerzhaft: Deutschlands Fußballerinnen haben im Finalrückspiel der Nations League eine bittere Lehrstunde erhalten und den ersehnten ersten Titel seit dem Olympiasieg 2016 klar verpasst. Im Hexenkessel von Madrid unterlag das Team von Bundestrainer Christian Wück den abgezockten Weltmeisterinnen mit 0:3 (0:0) und blieb nach einem guten Start in die Partie im zweiten Durchgang chancenlos.
Claudia Pina (61./74.) und Vicky López (68.) zerstörten mit einem Dreifachschlag innerhalb von 13 Minuten die Träume des DFB-Teams, das nach dem Rückstand auseinanderfiel und keine Antwort mehr fand. Vier Monate nach dem EM-Aus im Halbfinale setzte es erneut eine schmerzhafte Niederlage gegen die Ibererinnen – statt Revanche gab es eine klare Demonstration spanischer Effizienz.
„Das 0:1 hat uns das Genick gebrochen“, sagte Sjoeke Nüsken in der ARD. „Spanien war einfach total effizient.“ Man habe aber über weite Strecken gesehen, „dass wir mithalten können“.
Vor der Rekordkulisse von 58.000 Fans, unter ihnen König Felipe VI., begann Spanien druckvoll. Esther González und Alexia Putellas sorgten früh für Alarm, doch Ann-Katrin Berger hielt die deutsche Auswahl zunächst im Spiel. Erst als sich die Anfangsphase beruhigte, fand das DFB-Team besser in die Partie. Chancen durch Caldentey und Anyomi vor der Pause ließen beide Teams jedoch ungenutzt.
Kurz nach der Pause dann der Bruch: Nach einem schnellen Doppelpass traf Pina präzise ins Eck. Deutschlands Widerstand schmolz dahin, mutige Momente blieben aus. Vicky erhöhte sehenswert, und Pina setzte aus 20 Metern den finalen Stich, begünstigt durch einen Fehler im deutschen Aufbau.
Für Verbandspräsident Bernd Neuendorf geht die Reise dennoch weiter: Am Mittwoch hofft der DFB in Nyon zumindest auf den Zuschlag zur Ausrichtung der Frauen-EM 2029. Auf dem Platz jedoch bleibt die Erkenntnis schmerzhaft: Spanien ist der Benchmark – und Deutschland derzeit weit weg.
OZD

OZD-Kommentar „Zerbrechlich im Moment der Wahrheit“
Wie gnadenlos Fußball sein kann, zeigte dieses Finale in Madrid. Die Deutschen hatten Mut, Hoffnung, Selbstvertrauen – und dennoch brach die Mannschaft in dem Moment auseinander, in dem es darauf ankam. Das 0:1 war kein Gegentor, sondern ein psychologischer Knock-out.
Dieses Spiel offenbarte zwei Wahrheiten: Spanien ist längst die dominante Macht im europäischen Frauenfußball. Deutschland ist auf dem Weg zurück – aber noch viele Schritte entfernt. Wer im Finale die Nerven verliert, wer nach Rückschlägen verkrampft statt entfesselt, wird auf diesem Niveau keine Titel holen.
Die Spanierinnen wirkten abgeklärt, spielintelligent, eiskalt. Deutschland hingegen kämpfte mit sich selbst: zu wenig Überzeugung, zu wenig Risikobereitschaft, zu wenig Antworten. Das ist kein Drama – aber ein unmissverständliches Alarmsignal. Es reicht nicht, mitzuhalten. Man muss solche Spiele gewinnen können.
Wenn der DFB zurück auf die große Bühne will, braucht es mehr: mehr Stabilität, mehr individuelle Klasse, mehr Mut, mehr Entschlossenheit. Die Lehrstunde in Madrid war hart, aber notwendig. Die Frage ist: Lernt dieses Team wirklich daraus?

Mini-Infobox
Endstand: Spanien – Deutschland 3:0
Rekordkulisse: 58.000 Zuschauer im Estadio Metropolitano
Torschützinnen: Pina (2×), López
Deutschlands letzter Titel: Olympia 2016
Hinspiel: 0:0 in Kaiserslautern
OZD-Analyse
1. Warum Deutschland im zweiten Durchgang einbrach
– a) Psychologischer Einbruch nach dem 0:1 –
– b) Fehlende offensive Lösungen gegen Spaniens Pressing –
– c) Konditionelle und mentale Unterlegenheit in entscheidenden Phasen –
2. Spaniens Dominanz – und was sie bedeutet
– a) Effizientes Ausspielen kleiner Fehler –
– b) Tiefe im Kader trotz Ausfall von Weltfußballerin Bonmatí –
– c) Technische und taktische Reife des gesamten Teams –
3. Wege zurück zur Weltspitze für das DFB-Team
– a) Stabilere Abläufe im Spielaufbau –
– b) Mehr individuelle Durchschlagskraft in Entscheidungsmomenten –
– c) Konsequente Weiterentwicklung in Mentalität und Belastungssteuerung –

Wer ist Christian Wück?
Christian Wück ist seit 2024 Bundestrainer der deutschen
Frauen-Nationalmannschaft. Er gewann zuvor mit der U17 die
Weltmeisterschaft und gilt als Förderer einer mutigen, offensiven
Spielidee.
Was ist die UEFA Nations League der Frauen?
Die Nations League ist ein Wettbewerb des europäischen Fußballverbands
UEFA. Sie soll mehr hochwertige Spiele ermöglichen und beeinflusst
Qualifikationen für EM und WM im Frauenfußball.
Extra: Rekordkulisse in Madrid – Warum Spaniens Frauenfußball boomt wie nie zuvor
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.