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Der Machtkampf um die Sportförderung

DOSB-Präsident Thomas Weikert attackiert das geplante Sportfördergesetz scharf. Der Entwurf gebe der Politik zu viel Macht. Weikert fordert Mitsprache – und warnt eindringlich vor Entscheidungen gegen den organisierten Sport.

DOSB-Präsident Thomas Weikert hat auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes deutliche Kritik am geplanten Sportfördergesetz geäußert. Vor hunderten Delegierten in Frankfurt wandte er sich direkt an die verantwortliche Staatsministerin Christiane Schenderlein und mahnte: „Tun Sie es bitte mit dem Sport und nicht ohne ihn – und bitte nie gegen ihn.“ Der 64-Jährige warnte, der Entwurf bedrohe die notwendige Partnerschaft zwischen Politik und organisiertem Sport.

Im Zentrum seiner Kritik steht die geplante Spitzensportagentur, deren Stiftungsrat eine klare 4:1-Mehrheit für staatliche Vertreter vorsieht. Damit könnte die Politik über die Verteilung von Millionenbeträgen zur Förderung von Athletinnen und Athleten nahezu allein entscheiden. „Ausgerechnet diejenigen, die am meisten vom Sport verstehen, haben – wenn es darauf ankommt – nichts zu entscheiden“, sagte Weikert. „So sieht Gemeinsamkeit nicht aus.“

Auch beim milliardenschweren Programm zur Erneuerung von Sportstätten fühlt sich der DOSB laut Weikert nicht ausreichend einbezogen. „Nutzen Sie die Expertise des Sports auch dort“, forderte er. Zugleich zeigte er sich versöhnlich und streckte „die Hand für einen gemeinsamen Weg“ aus.

Im Gespräch mit Journalisten äußerte Weikert anschließend die Hoffnung, dass der Entwurf noch überarbeitet wird: „Ich denke, es ist noch Beratungs- und Besprechungsbedarf im Gesetz. Aber wir werden gemeinsam eine vernünftige Lösung finden.“

Schenderlein verteidigte ihre Pläne. Die Sportagentur müsse „aus Experten bestehen, um uns bei den großen Zielwettkämpfen noch erfolgreicher zu machen, vor allen Dingen bei den Olympischen Spielen“. Zuvor hatte sie erneut eine gemeinsame Vision betont: Olympische Spiele nach Deutschland zurückzubringen. Dafür brauche es „einen kräftigen Anstoß und nicht ein zartes Antippen“.

Der Konflikt um das Gesetz hat die Diskussion über Macht, Verantwortung und Vertrauen im deutschen Sport weiter angeheizt.
OZD

OZD-Kommentar: „Der Sport schlägt zurück – und das mit Recht“

Es ist selten, dass der DOSB der Bundesregierung derart offen widerspricht. Doch die geplante Sportförderreform ist ein Frontalangriff auf die Selbstbestimmung des Sports. Wenn die Politik sich über Expertise, Erfahrung und die Bedürfnisse der Basis hinwegsetzt, steht die Glaubwürdigkeit eines ganzen Systems auf dem Spiel.

Ein 4:1-Übergewicht staatlicher Entscheidungsträger klingt nach Effizienz – in Wahrheit bedeutet es Kontrolle. Kontrolle über Gelder, über Strategien, über die Zukunft des Spitzensports. Weikerts Warnung ist keine Dramatisierung, sondern ein realistischer Blick auf die Folgen eines solchen Ungleichgewichts.

Deutschland will Olympische Spiele? Dann braucht es Vertrauen zwischen Staat und Sport, keine Fremdbestimmung. Die Politik muss anerkennen, dass Leistung nicht am Kabinettstisch entsteht, sondern in Hallen, auf Bahnen, auf Trainingsplätzen – und dort kennen sich die Verbände besser aus als jedes Ministerium.

Der Sport hat ein Signal gesetzt. Jetzt muss die Regierung entscheiden, ob sie zuhört – oder den nächsten führenden Verband gegen sich aufbringt.



Mini-Infobox

Streitpunkt: 4:1-Mehrheit der Politik in der geplanten Sportagentur

DOSB lehnt aktuellen Entwurf ab

Sportmilliarde für Sanierung von Sportstätten ebenfalls umstritten

Ziel der Regierung: bessere Olympia-Ergebnisse

Weikert fordert Mitsprache „auf Augenhöhe“

OZD-Analyse

1. Konfliktlinien im Sportfördergesetz
– a) Machtverschiebung zugunsten der Politik –
– b) Gefahr mangelnder sportfachlicher Expertise –
– c) Konsequenzen für Verbände und Athleten –

2. Motive der Bundesregierung
– a) Professionalisierung der Förderung –
– b) Optimierung mit Blick auf Olympia –
– c) Kontrolle der Mittelverwendung –

3. Auswirkungen auf den Organisierten Sport
– a) Vertrauensverlust gegenüber der Politik –
– b) Gefahr eines strukturellen Konflikts –
– c) mögliche Neuverhandlungen und Kompromisslinien –


Erklärungen

Was ist der DOSB?
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist der Dachverband des Sports in Deutschland und vertritt über 27 Millionen Sporttreibende. Er ist zuständig für die Koordination des olympischen und nicht-olympischen Sports, die Förderung von Athleten und die strategische Ausrichtung des Leistungssports.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

OZD-Extras

Extra: Warum die Sportförderung so heikel ist
Spitzensportförderung ist in Deutschland ein politisch sensibles Thema, weil sie eng mit gesellschaftlichen Erwartungen, internationaler Reputation und Olympiabewerbungen verknüpft ist. Jede Reform entscheidet darüber, welche Sportarten wachsen – und welche verlieren.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.