Die Vereinigten Staaten setzen ihren militärischen Druck auf Venezuela unbeirrt fort. Trotz eines Führungswechsels beim US-Südkommando (Southcom) flogen amerikanische Kampfjets und Überwachungsdrohnen weiterhin vor der Küste des südamerikanischen Landes. Auswertungen von Flugbewegungen zeigen, dass sich US-Militärmaschinen dem venezolanischen Luftraum zuletzt bis auf rund 35 Kilometer näherten – ein deutliches Signal in einer ohnehin angespannten geopolitischen Lage.
Zeitgleich kam es in Washington zu einem personellen Einschnitt: Admiral Alvin Holsey, bislang Oberbefehlshaber des Southcom, übergab am Freitag offiziell das Kommando an den Luftwaffengeneralmajor Evan Pettus. Holsey hatte seinen Rückzug bereits im Oktober angekündigt und war zuletzt intern wie öffentlich in die Kritik geraten, nachdem er Zweifel an der Rechtmäßigkeit amerikanischer Angriffe auf mutmaßliche Drogenschmuggler-Boote in der Karibik und im Ostpazifik geäußert hatte. Bei diesen Einsätzen kamen nach bisherigen Angaben mindestens 87 Menschen ums Leben.
Bei seiner Abschiedszeremonie betonte Holsey, die USA müssten fest an der Seite gleichgesinnter Nationen stehen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte teilten. Seine Worte wirkten wie ein stiller Appell – und zugleich wie eine Mahnung angesichts der zunehmenden Militarisierung der US-Politik in Lateinamerika.
An der operativen Linie ändert der Führungswechsel jedoch nichts. Nach Auswertungen der Plattform Flightradar24 flogen in dieser Woche mindestens zwei F/A-18-Kampfjets über den Golf von Venezuela. Zusätzlich kamen unbemannte Überwachungsdrohnen zum Einsatz, die mutmaßlich der Aufklärung venezolanischer Aktivitäten dienten. Washington unterstreicht damit, dass es auch unter neuer militärischer Führung an seiner harten Linie gegenüber Caracas festhält.
Die Spannungen zwischen den beiden Ländern haben sich zuletzt weiter verschärft. Erst Mitte der Woche beschlagnahmten US-Behörden vor der venezolanischen Küste einen Öltanker, der offenbar gegen bestehende Sanktionen verstoßen hatte. Das Vorgehen nährt in Caracas den Vorwurf einer gezielten Eskalationsstrategie – und verschärft die ohnehin fragile Sicherheitslage in der Region. OZD
OZD-Kommentar – Machtdemonstration statt Diplomatie
Der Wechsel an der Spitze des US-Südkommandos hätte eine Chance für Deeskalation sein können. Doch stattdessen dröhnen weiter Kampfjets vor Venezuelas Küste. Washington sendet damit ein klares Signal: Abschreckung bleibt das Mittel der Wahl. Problematisch ist dabei weniger die militärische Präsenz an sich als das Fehlen einer politischen Perspektive. Wenn selbst ein scheidender Admiral öffentlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit tödlicher Einsätze äußert, sollte das in Washington Alarm auslösen. Militärische Stärke ersetzt keine Diplomatie – und sie schafft selten Stabilität. In Lateinamerika wächst der Eindruck, dass Prinzipien predigt, wer sie strategisch nutzen kann.

Mini-Infobox
– US-Kampfjets überfliegen Golf von Venezuela
– Annäherung bis auf rund 35 Kilometer an die Küste
– Einsatz von Überwachungsdrohnen bestätigt
– Führungswechsel beim US-Südkommando
– Spannungen zwischen USA und Venezuela nehmen zu
OZD-Analyse
Militärische Kontinuität
– a) Führungswechsel ohne Kursänderung
– b) Kampfjets und Drohnen als Machtsignal
– c) Dauerhafte Präsenz erhöht Eskalationsrisiken
Rechtliche und moralische Zweifel
– a) Holsey kritisiert Angriffe auf mutmaßliche Schmuggler
– b) Mindestens 87 Tote bei bisherigen Einsätzen
– c) Völkerrechtliche Grauzonen bleiben ungeklärt
Geopolitische Dimension
– a) Sanktionen und Ölpolitik als zusätzlicher Zündstoff
– b) Lateinamerika als sicherheitspolitisches Spannungsfeld
– c) Vertrauensverlust gegenüber den USA wächst

Was ist das US-Südkommando (Southcom)?
Das US-Südkommando ist eines der regionalen militärischen Kommandos der
Vereinigten Staaten. Es ist zuständig für Mittel- und Südamerika sowie
die Karibik und koordiniert militärische Operationen,
Sicherheitskooperationen und Anti-Drogen-Einsätze.
Wer ist Evan Pettus?
Evan Pettus ist Generalmajor der US-Luftwaffe und seit November neuer
Befehlshaber des US-Südkommandos. Er gilt als sicherheitspolitisch
erfahren, steht jedoch vor der Herausforderung, militärische Stärke und
politische Zurückhaltung in einer angespannten Region auszubalancieren.
OZD-Extras
Seit Beginn der verschärften US-Sanktionen gegen Venezuela hat sich die
militärische Präsenz der USA in der Karibik deutlich intensiviert.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.