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Tiktok übertrug Nutzerdaten nach China – EU ahndet schwach - Abzocke geistigen Eigentums

Weil Tiktok europäische Nutzerdaten nach China übermittelt haben soll, verhängt die EU eine Strafe von 530 Millionen Euro – es ist einer der bislang schwersten Datenschutzfälle.

Es ist ein Paukenschlag im europäischen Kampf um digitale Souveränität: Die EU hat die chinesische Plattform Tiktok mit einer Geldstrafe in Höhe von 530 Millionen Euro belegt. Der Vorwurf wiegt schwer: Das Unternehmen habe personenbezogene Daten europäischer Nutzer – darunter auch Kinder und Jugendliche – nach China übermittelt, ohne dabei ein ausreichendes Schutzniveau sicherzustellen. Die irische Datenschutzkommission (DPC), zuständig für Tiktoks Europageschäft, sprach am Freitag von einem „klaren Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)“.

Demnach habe Tiktok nicht gewährleisten können, dass Daten in China vor dem Zugriff staatlicher Stellen ausreichend geschützt sind. Insbesondere die chinesischen Gesetze zur Terrorismusbekämpfung und Spionageabwehr erlauben Behörden weitreichenden Zugriff – ein Risiko, das laut der DPC ignoriert oder bewusst ausgeblendet wurde. Tiktok bestreitet die Vorwürfe und kündigte an, die Entscheidung „in vollem Umfang anzufechten“.

Bereits 2023 war Tiktok wegen Datenschutzverstößen gegen Minderjährige mit 345 Millionen Euro bestraft worden. Die jetzige Summe ist nicht nur deutlich höher, sondern betrifft zudem einen heiklen geopolitischen Raum: den Datenabfluss in autoritär geführte Staaten ohne funktionierenden Datenschutz. Die DPC hatte 2021 mit ihrer Untersuchung begonnen, erst im April räumte Tiktok ein, Daten in China gespeichert – aber inzwischen gelöscht – zu haben.

Digitalminister Volker Wissing begrüßte das Vorgehen: Es zeige, dass europäische Regeln für alle gelten. Auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp sprach von einem „gravierenden Missbrauchsrisiko“. Für Tiktok wird es nun eng: Innerhalb von sechs Monaten muss das Unternehmen seine Prozesse EU-konform gestalten – andernfalls drohen weitere Maßnahmen.

Gleichzeitig schwelt auch der Druck aus den USA. Der US-Kongress verlangt seit 2024, dass der Mutterkonzern Bytedance Tiktok in den USA verkauft. Präsident Donald Trump hat die Frist zuletzt bis zum 19. Juni verlängert. Der digitale Machtkampf um Tiktok wird nun auf beiden Seiten des Atlantiks mit voller Härte geführt.

OZD / ©AFP.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.




OZD-Kommentar
Was wie ein Verwaltungsakt klingt, ist in Wahrheit ein politischer Donnerschlag: Die 530-Millionen-Euro-Strafe gegen Tiktok ist ein Warnschuss – nicht nur an das Unternehmen, sondern an jede Plattform, die glaubt, europäisches Recht mit chinesischer Nachlässigkeit unterlaufen zu können. Dass Tiktok offenbar Daten europäischer Bürger in ein autoritäres System übermittelt hat, ohne jede Absicherung gegen den Zugriff durch Sicherheitsbehörden, ist mehr als ein Versehen – es ist ein systematisches Machtspiel mit westlichen Standards.

Und Tiktoks Verteidigung? Ein taktisches Rückzugsgefecht mit PR-Formeln. Kein Zugriff von Behörden, kein Datenleck, alles gelöscht – und doch stellt sich die Frage: Wenn nichts war, warum dann eine Strafe in dieser Höhe? Die Realität ist: Die Plattform genießt das Vertrauen von Millionen Jugendlichen – und hat dieses Vertrauen in einer der sensibelsten Fragen verraten.

Die Entscheidung der DPC ist ein überfälliges Signal an die Big-Tech-Branche: Europa ist kein rechtsfreier Raum. Tiktok mag auf chinesische Gesetze verweisen – aber in Europa gilt das europäische Recht. Wer hier Geschäfte machen will, spielt nach unseren Regeln – oder zahlt.



Was ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)?

Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine europaweit gültige Verordnung zum Schutz personenbezogener Daten. Sie verpflichtet Unternehmen, den Umgang mit Daten transparent zu machen und Nutzerrechte zu wahren. Verstöße können mit Geldbußen von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden – auch bei internationalen Konzernen mit Sitz außerhalb der EU.

Was ist die irische Datenschutzkommission (DPC)?
Die Data Protection Commission (DPC) in Irland ist für die Durchsetzung der DSGVO zuständig, wenn Unternehmen ihren europäischen Hauptsitz in Irland haben – wie Tiktok, Meta, Google oder X. Die Behörde agiert im Namen aller EU-Staaten und ist daher bei großen Datenschutzfällen federführend.

Was steckt hinter dem US-Gesetz gegen Bytedance?
Der US-Kongress hat 2024 ein Gesetz verabschiedet, das den chinesischen Mutterkonzern Bytedance verpflichtet, Tiktok in den USA zu verkaufen oder vom US-Markt ausgeschlossen zu werden. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken, wonach China die Plattform zur Spionage nutzen könnte. Die Frist zur Umsetzung läuft aktuell bis zum 19. Juni 2025.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP


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