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Europas Kampfansage an Temu und Shein - Kommentar: Viel zu spät

Der Handelsverband Deutschland fordert von Finanzminister Klingbeil ein hartes Vorgehen auf EU-Ebene gegen Billigplattformen aus China wie Temu und Shein – wegen unfairen Wettbewerbs und massiver Umsatzverluste im Handel.

Mit drastischen Worten hat sich der Handelsverband Deutschland (HDE) in einem Schreiben an Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) gewandt. Der Verband fordert ein „entschlossenes Zeichen“ auf europäischer Ebene gegen die wachsende Paketflut aus China – insbesondere durch die Billigplattformen Temu und Shein.

Wie der Spiegel am Donnerstag berichtete, verlangt der HDE konkrete Maßnahmen beim EU-Finanzministertreffen am 20. Juni. Die EU dürfe nicht länger zusehen, wie hiesige Unternehmen an der Einhaltung von Umwelt-, Steuer- und Verbraucherschutzauflagen festhalten müssen, während Billigkonkurrenz aus China unter Umgehung dieser Standards den Markt überschwemme.

„Es kann nicht sein, dass die Unternehmen in der EU, die alle Bestimmungen einhalten müssen, am Ende die Dummen sind“, heißt es laut Bericht in dem Schreiben an Klingbeil. Gerade kleinere und mittelständische Zulieferer würden durch die Konkurrenz aus Fernost regelrecht erdrückt – bei einzelnen Unternehmen sei der Umsatz um bis zu 60 Prozent eingebrochen.

Um den unfairen Wettbewerb zu stoppen, fordert der HDE unter anderem:
– die Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze,
– eine Bearbeitungsgebühr auf außereuropäische Paketsendungen,
– gezielte Abgaben auf Direktlieferungen aus China an Privatkunden.

Wichtig sei, so der Verband, dass diese Maßnahmen nicht auf Importe deutscher Händler angewendet würden, die außerhalb der EU einkaufen – sonst drohten unbeabsichtigte Belastungen für den deutschen Mittelstand.

Gegen Temu und Shein laufen in Brüssel bereits Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze und die Plattformregeln des Digital Services Act (DSA). Erst kürzlich hatte die EU-Kommission eine pauschale Gebühr von zwei Euro pro Nicht-EU-Paket angekündigt, die an Privathaushalte gesendet wird.

Bereits im April hatte der HDE Beschwerde gegen Temu beim Bundeskartellamt eingereicht. Die deutschen Unternehmen würden mit Steuern und Investitionen in Nachhaltigkeit die Lasten des Systems schultern – während Plattformen aus China „massiv gesetzliche Schlupflöcher“ nutzten, so der Verband.

OZD


OZD-Kommentar Längst überfällig und zu spät

Die Lage ist längst außer Kontrolle: Chinesische Plattformen wie Temu und Shein überschwemmen den europäischen Markt mit Billigprodukten – ohne sich an Regeln zu halten, die für den deutschen Handel selbstverständlich sind. Dass die EU tatenlos zusieht, ist nicht nur wirtschaftspolitisch fatal, sondern auch ein Schlag ins Gesicht für all jene, die tagtäglich mit hohen Standards, steigenden Kosten und überbordender Bürokratie kämpfen.

Wenn ein fairer Markt das Ziel sein soll, darf es keine Extrawürste für digitale Schattenhändler geben. Zollfreigrenzen, Steuerprivilegien und fehlende Kontrollen sind Einladungen für Marktverzerrung – auf Kosten von Arbeitsplätzen, Steuergerechtigkeit und Verbraucherschutz. Der Appell des HDE ist überfällig. Die Politik muss handeln. Jetzt.


OZD-Analyse

1. Der Vorstoß des HDE – Inhalt und Forderungen
a) HDE appelliert an Lars Klingbeil, sich in Brüssel für folgende Punkte einzusetzen:
– Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze
– Bearbeitungsgebühr auf Direktlieferungen aus Drittstaaten
– Maßnahmen ausschließlich gegen außereuropäische Konsumentenpakete

b) Hintergrund:
– Umsatzverluste bis zu 60 Prozent im Einzelhandel
– Kritik an nicht überprüfbarer Einhaltung von EU-Normen bei chinesischen Plattformen

2. Rechtliche und politische Lage in der EU
a) Ermittlungen:
– Verfahren gegen Temu und Shein wegen möglicher DSA-Verstöße laufen
– Verbraucherschutz und Plattformtransparenz im Fokus der EU-Kommission

b) Neue EU-Maßnahmen:
– Geplante 2-Euro-Pauschale auf Drittstaatenpakete
– Diskussion über fairen Wettbewerb im E-Commerce

3. Temu und Shein – der neue Online-Schock aus China
a) Geschäftsmodell:
– extrem günstige Preise durch Produktions- und Versandstandorte in China
– Direktversand an Endkunden mit Umgehung nationaler Handelsketten

b) Kritik:
– fehlende Transparenz bei Lieferketten
– kaum Umweltauflagen, niedrige Sozialstandards
– Intransparente Geschäftsmodelle im Grenzbereich der Legalität


Was ist der Handelsverband Deutschland (HDE)?
Der Handelsverband Deutschland (HDE) ist der Spitzenverband des deutschen Einzelhandels. Er vertritt rund 400.000 Unternehmen aller Größenordnungen – vom kleinen Fachgeschäft bis zu internationalen Handelskonzernen. Der HDE setzt sich für faire Wettbewerbsbedingungen, Digitalisierung, Bürokratieabbau sowie die Interessen des stationären und Online-Handels ein. Er ist politisch unabhängig, aber einer der einflussreichsten Wirtschaftsverbände Deutschlands.


Wer sind Shein und Temu?

Shein und Temu – Chinas globale Handelsplattformen


Shein – Der Fast-Fashion-Gigant

Shein wurde 2008 in Nanjing, China gegründet und hat sich zu einer der weltweit größten Online-Modeplattformen entwickelt Ursprünglich als Sheinside bekannt, wurde das Unternehmen 2015 in Shein umbenannt und konzentrierte sich auf internationale Märkte. Das Geschäftsmodell von Shein basiert auf Fast Fashion, bei der Kleidung in hoher Geschwindigkeit designt, produziert und zu niedrigen Preisen verkauft wird. Die Marke nutzt ein agiles Lieferkettensystem, das als „Echtzeit-Einzelhandel“ bekannt ist, um Trends schnell umzusetzen. Shein ist besonders erfolgreich durch aggressive Social-Media-Werbung und Influencer-Kooperationen. 2021 war Shein die meist heruntergeladene Shopping-App in den USA. Trotz des Erfolgs gibt es Kritik an Arbeitsbedingungen, Umweltbelastung und möglichen Urheberrechtsverletzungen.


Temu – Der Discount-Marktplatz

Temu wurde 2022 als Tochterunternehmen der PDD Holdings Inc. gegründet und hat seinen Sitz in Boston, USA. Die Plattform verbindet Käufer mit Verkäufern, hauptsächlich aus China, und bietet eine breite Palette von Produkten zu extrem niedrigen Preisen. Temu setzt auf ein Social-Commerce-Modell, bei dem Kunden durch das Werben neuer Käufer Rabatte erhalten. Die Plattform konkurriert mit Amazon, Shein und Walmart und nutzt Gamification, um Kunden zu gewinnen. Innerhalb kurzer Zeit wurde Temu eine der meist heruntergeladenen Shopping-Apps weltweit. Allerdings gibt es Kritik an Produktqualität, Umweltbelastung und möglichen Verstößen gegen digitale Handelsgesetze.

Fazit

Shein und Temu haben die globale E-Commerce-Landschaft verändert. Während Shein die Fast-Fashion-Industrie dominiert, revolutioniert Temu den Discount-Handel. Beide Plattformen stehen jedoch auch im Fokus von Kritik und regulatorischen Herausforderungen.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.



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