Nach Schließung der Wahllokale bei der Stichwahl zum polnischen Präsidenten zeichnet sich ein extrem knappes Rennen ab. Laut Prognosen des Instituts Ipsos liegt Rafal Trzaskowski mit 50,3 Prozent knapp vor Karol Nawrocki mit 49,7 Prozent. Der Abstand liegt innerhalb der statistischen Fehlertoleranz, ein klarer Sieger konnte am Wahlabend nicht benannt werden. Beide Kandidaten zeigten sich dennoch überzeugt vom eigenen Sieg. Die Wahlbeteiligung lag mit 72,8 Prozent deutlich höher als 2020.
Die Wahl hat große politische Bedeutung – sowohl für Polen als auch für die EU. Trzaskowski steht für eine pro-europäische, liberale Linie und könnte den Reformkurs von Regierungschef Donald Tusk stärken. Nawrocki hingegen wird vom rechtsnationalen Lager unterstützt und könnte bestehende Reformbestrebungen blockieren. Auch die Haltung Polens zur Ukraine und zur EU könnte sich bei einem Wahlsieg Nawrockis ändern.
Das Ergebnis dieser Wahl ist mehr als ein Machtwechsel an der Staatsspitze – es ist ein Symbol für die tiefe politische Spaltung in Polen. Das Land steht an einem Scheideweg: zwischen einem Kurs der pro-europäischen Öffnung und einem nationalkonservativen Rückzug. Der extrem knappe Ausgang zeigt, wie polarisiert die Gesellschaft ist. Sollte Trzaskowski gewinnen, wäre es ein Rückenwind für Reformen und eine engere EU-Anbindung. Ein Sieg Nawrockis dagegen könnte alte Konflikte neu entfachen – innenpolitisch wie auf europäischer Bühne.
OZD
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Bild: AFP