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Nahost-Politik zwischen Eskalation und Illusion (Kommentar)

Was sich derzeit zwischen Israel und dem Iran abspielt, ist mehr als ein Schlagabtausch zweier Regionalmächte. Es ist ein ...

... gefährlicher Drahtseilakt, bei dem jeder Schritt näher an den geopolitischen Abgrund führt – und Europa steht fassungslos am Rand und schaut zu.

Die massive Eskalation in der direkten Konfrontation zwischen Israel und dem Iran hat einen neuen, beunruhigenden Charakter: keine Stellvertreter, keine verdeckten Operationen – sondern offener Krieg mit hunderten Toten, verwundeten Zivilisten, zerstörten Infrastrukturen. Und mit jeder Rakete, die fällt, sinkt die Hoffnung auf diplomatische Lösungen.

Israels Offensive gegen mutmaßliche Atom- und Militärziele des Irans mag in Teilen nachvollziehbar erscheinen, besonders im Kontext der Bedrohung durch das iranische Atomprogramm. Doch in dieser brutalen Konsequenz? Über 80 Angriffe auf Teheran in einer Nacht, massive zivile Verluste? Das übersteigt das, was man noch als „präventive Selbstverteidigung“ bezeichnen kann – und lässt selbst treue westliche Partner zweifeln.

Der Iran wiederum zeigt sich nicht minder rücksichtslos. Der Beschuss ziviler israelischer Ziele und die unverhohlene Drohung gegen jüdische Einrichtungen auch in Europa sind durch nichts zu rechtfertigen. Die angekündigte „Rechnung“ für getötete Zivilisten dürfte nur noch mehr Blutvergießen bedeuten – und macht jede diplomatische Initiative noch schwieriger.

Und dann ist da noch Donald Trump, der sich als Vermittler aufspielt, während er gleichzeitig mit der „gesamten Stärke der US-Armee“ droht. Frieden durch Feuerkraft? Das hat selten funktioniert. Auch seine Behauptung, die USA hätten mit dem israelischen Großangriff „nichts zu tun“, wirkt wie ein politisches Feigenblatt – zumindest solange US-Militärbasen in der Region weiter gestärkt und politische Rückendeckung gewährt wird.

Friedrich Merz’ Warnung, auch Deutschland könne ins Visier iranischer Vergeltung geraten, mag nüchtern wirken – ist aber Ausdruck einer erschreckenden Ratlosigkeit. Die Lage ist längst außer Kontrolle, und Europa hat offenbar weder Hebel noch Stimme, die Eskalation zu bremsen.

Was bleibt, ist ein Szenario, in dem nicht mehr nur Raketen fliegen, sondern auch die letzten Illusionen über eine Ordnung, die auf internationalem Recht, Diplomatie und Verhältnismäßigkeit beruht. Wenn jetzt keine global koordinierte politische Initiative erfolgt – nicht nur aus Washington, sondern auch aus Brüssel, Berlin und Paris –, dann droht dieser Krieg sich auszuweiten. Und dann betrifft er nicht nur Teheran und Tel Aviv. Sondern uns alle.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP