Der Dalai Lama hat in einer bewegenden Videobotschaft kurz vor seinem 90. Geburtstag klargestellt: Die Institution des Dalai Lama wird auch nach seinem Tod fortgeführt. Der Friedensnobelpreisträger reagiert damit auf die eindringlichen Bitten von Tibetern in der Heimat, im Exil sowie von Buddhisten aus der gesamten Himalaya-Region und darüber hinaus. „In Übereinstimmung mit all diesen Anfragen bestätige ich, dass die Institution des Dalai Lama fortgeführt wird“, erklärte das geistliche Oberhaupt der Tibeter auf einer religiösen Konferenz.
Bereits zu Beginn der Geburtstagsfeierlichkeiten hatte der 89-Jährige angedeutet, dass die 600 Jahre alte Tradition nicht mit seiner Person enden soll. Tenzin Gyatso ist die 14. Reinkarnation des Dalai Lama – eine Linie, die für viele Tibeter Identität, Hoffnung und Widerstand gegen die chinesische Kontrolle bedeutet.
Die Frage nach einem Nachfolger ist politisch brisant. Viele Exil-Tibeter befürchten, dass China versuchen könnte, einen eigenen Dalai Lama zu ernennen, um seinen Einfluss auf Tibet zu festigen. Der Dalai Lama stellte jedoch klar: Die Befugnis zur Bestimmung des 15. Dalai Lama liege „ausschließlich“ bei seinem Büro im indischen Exil. „Niemand sonst hat irgendeine Autorität, sich in diese Angelegenheit einzumischen“, betonte er – eine deutliche Botschaft an Peking.
Seit dem gescheiterten Aufstand gegen die chinesische Herrschaft 1959 lebt der Dalai Lama mit tausenden Anhängern im Exil in Indien. Politisch hat er seit 2011 keine offizielle Macht mehr, nachdem er die Leitung an eine demokratisch gewählte Exilregierung übergab. Doch als spirituelles Oberhaupt bleibt er das Symbol für den gewaltlosen Kampf der Tibeter um Freiheit und Selbstbestimmung.
Weltweit wird der Dalai Lama als Stimme des Friedens und der Toleranz verehrt. Seine Zusage, die Institution fortzuführen, gibt Millionen Gläubigen Hoffnung – und setzt ein klares Zeichen gegen Versuche, die tibetische Identität politisch zu instrumentalisieren. ozd
OZD-Kommentar
Mit seiner klaren Botschaft zur Fortführung der Institution des Dalai Lama setzt Tenzin Gyatso ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt der tibetischen Gemeinschaft – und gegen die Einflussversuche Chinas. Seine Worte geben vielen Gläubigen Zuversicht, dass ihre spirituelle Tradition auch in Zukunft Bestand haben wird. Gleichzeitig verschärft die Ankündigung den Konflikt um die Nachfolge und die Frage, wer das Recht hat, einen neuen Dalai Lama zu bestimmen.
OZD-Analyse
Die Nachfolgefrage des Dalai Lama bleibt ein politisch und religiös hochsensibles Thema. Während China versucht, die Kontrolle über Tibet auch durch die Ernennung eines eigenen Dalai Lama zu stärken, pocht das Exil auf das alleinige Recht zur Bestimmung des Nachfolgers. Die Zukunft der Institution wird entscheidend davon abhängen, ob es gelingt, die tibetische Identität und Unabhängigkeit trotz politischer Einflussnahme zu bewahren.
OZD-Analyse
1. Warum ist die Entscheidung des Dalai Lama so bedeutsam?
a) Symbolischer Schutz – Die Institution ist ein spirituelles Bollwerk gegen die chinesische Herrschaft.
b) Autoritätsklärung – Nur sein Büro in Indien darf über die Nachfolge entscheiden.
c) Stärkung der Exilbewegung – Die Botschaft vereint tibetische Gemeinschaften weltweit.
2. Was plant China im Hintergrund?
a) Politische Einflussnahme – Peking könnte eine eigene Reinkarnation bestimmen.
b) Legitimationsversuch – Ein „staatlich genehmigter“ Dalai Lama würde zur Kontrolle dienen.
c) Schwächung des Widerstands – Ein loyaler Amtsnachfolger würde Tibets Autonomiebestrebungen untergraben.
3. Wie geht es weiter?
a) Exilregierung gefragt – Die politische Verantwortung bleibt bei der tibetischen Exilregierung.
b) Internationale Reaktionen – Menschenrechtsorganisationen dürften die Entscheidung begrüßen.
c) Spirituelle Kontinuität – Der 15. Dalai Lama könnte wieder im Ausland geboren werden.
Wer ist der Dalai Lama?
Der Dalai Lama ist das spirituelle Oberhaupt des tibetischen Buddhismus und wird als Reinkarnation einer Linie von Führungsfiguren verehrt. Der amtierende 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso, wurde 1935 in Tibet geboren. 1950 übernahm er als Teenager die politische Verantwortung, 1959 floh er nach dem gescheiterten tibetischen Aufstand ins indische Exil. Für seinen gewaltlosen Widerstand gegen Chinas Besatzung wurde er 1989 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Heute lebt er in Dharamsala, wo auch die tibetische Exilregierung ihren Sitz hat.
Was ist Reinkernation?
Im tibetischen Buddhismus ist Reinkarnation ein zentrales Konzept, das weit über eine bloße Wiedergeburt hinausgeht. Es beschreibt die Vorstellung, dass das Bewusstsein eines Menschen – besonders eines hochentwickelten spirituellen Lehrers – nach dem Tod weiterlebt und in einem neuen Körper wiedergeboren wird. Diese Wiedergeburt geschieht nicht zufällig, sondern in vielen Fällen bewusst und zielgerichtet, um die spirituelle Arbeit des früheren Lebens fortzusetzen.
Ein besonders bekanntes Beispiel ist die Tulku-Tradition, bei der große buddhistische Meister nach ihrem Tod erkannt und erneut als Kinder gefunden werden. Der Dalai Lama ist die prominenteste Tulku-Linie im tibetischen Buddhismus. Der derzeitige Dalai Lama, Tenzin Gyatso, gilt als 14. Reinkarnation eines Bodhisattva des Mitgefühls. Die Suche nach dem nächsten Dalai Lama erfolgt durch Rituale, Visionen und Prüfungen, bei denen das Kind bestimmte Gegenstände seines Vorgängers korrekt identifizieren muss.
Reinkarnation ist auch Ausdruck des buddhistischen Verständnisses vom Karma: Gute oder schlechte Handlungen eines Wesens bestimmen den Verlauf seiner Wiedergeburten. Ziel ist letztlich nicht die ewige Wiederkehr, sondern das Durchbrechen des Kreislaufs von Geburt und Tod, genannt Samsara, hin zur Erleuchtung.
Das Thema hat auch eine politische Dimension: Die chinesische Regierung beansprucht Einfluss auf die Auswahl des nächsten Dalai Lama, was von tibetischen Gläubigen und der Exilregierung strikt abgelehnt wird. Der derzeitige Dalai Lama hat mehrfach betont, dass seine Reinkarnation nur dann anerkannt wird, wenn sie außerhalb Chinas und gemäß tibetisch-buddhistischer Tradition erfolgt.
Biographien und Institutionen
Tenzin Gyatso: 14. Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger, lebt seit 1959 im Exil in Indien.
Chinesische Regierung: Sie betrachtet den Dalai Lama als Separatisten und beansprucht das Recht, einen Nachfolger zu bestimmen.
Exilregierung der Tibeter: Demokratisch gewählte Vertretung der Tibeter im Ausland.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild Titelbild AFP
Dieser Premium-Artikel wird gesponsert von: YOGA FRIENDS
Vielen Dank!