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Lutz gefeuert

Nach mehr als acht Jahren endet die Ära von Bahn-Chef Richard Lutz vorzeitig. Verkehrsminister Schnieder verspricht eine „Agenda für zufriedene Kunden“ – und will den Konzern radikal umbauen.

Richard Lutz, seit 2017 Vorstandschef der Deutschen Bahn, wird seinen Posten vorzeitig räumen. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) erklärte am Donnerstag, der bis 2027 laufende Vertrag werde „einvernehmlich“ beendet. Die Suche nach einer Nachfolge habe sofort begonnen. Bis dahin werde Lutz die Geschäfte weiterführen. Der Schritt erfolgt vor dem Hintergrund einer im Koalitionsvertrag festgelegten Neuaufstellung von Vorstand und Aufsichtsrat, mit dem Ziel, den Konzern schlanker, schneller und fachlich stärker aufzustellen.

Schnieder sprach von einer „dramatischen Lage“ bei der Bahn: Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit müssten deutlich verbessert werden, der Konzern müsse wirtschaftlicher werden. Am 22. September will er seine „Agenda für zufriedene Kunden“ vorstellen – und im Idealfall auch den neuen Vorstandsvorsitzenden präsentieren.

Kritik am Vorgehen kam von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Vorsitzender Martin Burkert warnte vor einem „Führungsvakuum“ in einer Phase, in der große Sanierungen anstehen. Auch die Allianz pro Schiene zeigte sich überrascht und betonte den steigenden Druck auf den Minister, eine zukunftsfähige Strategie und passende Führung vorzulegen.

Lutz, der seit 1994 im Unternehmen arbeitet und zuvor als Finanzvorstand tätig war, hatte in der Vergangenheit Fehler eingeräumt, etwa die unzureichende öffentliche Warnung vor fehlenden Haushaltsmitteln. Die Lokführergewerkschaft GDL hatte schon im Juli seine Entlassung gefordert und ihm eine Mitverantwortung für die aktuelle Misere zugeschrieben.

Von Fahrgastvertretern kam dagegen die Mahnung, dass allein ein Führungswechsel keine grundlegenden Verbesserungen bringe. Entscheidend seien ausreichend Investitionen und eine bessere Bahnpolitik. Die Grünen forderten zudem, Managementboni stärker an messbare Ziele wie Pünktlichkeit zu knüpfen und sicherzustellen, dass Milliardeninvestitionen tatsächlich in die Schiene fließen.

OZD


OZD-Kommentar:
Der erzwungene Abgang von Richard Lutz ist weniger ein Befreiungsschlag als ein symbolischer Akt. Die Probleme der Deutschen Bahn sind tief verwurzelt: jahrzehntelange politische Versäumnisse, marode Infrastruktur und undurchsichtige Konzernstrukturen. Ein neuer Chef allein wird die Lage nicht retten, wenn gleichzeitig der politische Wille fehlt, Milliarden nachhaltig in die Schiene zu investieren und das Management an klaren Leistungskennzahlen zu messen. Schnieder muss nun liefern – nicht nur einen Namen, sondern einen Plan, der Verspätungen, Ausfälle und Chaos an Bahnhöfen tatsächlich reduziert. Andernfalls wird auch der nächste Vorstandschef schnell als Teil des Problems gelten.


OZD-Analyse:

Gründe für den Abgang
a) Politischer Druck durch Koalitionsvertrag.
b) Unzufriedenheit mit aktuellen Leistungskennzahlen der Bahn.
c) Wunsch nach Neustrukturierung von Vorstand und Aufsichtsrat.

Herausforderungen für die Nachfolge
a) Sanierung der maroden Infrastruktur.
b) Steigerung von Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit.
c) Wirtschaftliche Effizienz und transparente Mittelverwendung.


Wer ist Richard Lutz?
Richard Lutz, geboren 1964, begann 1994 seine Karriere bei der Deutschen Bahn. Er war viele Jahre Finanzvorstand, bevor er 2017 den Vorstandsvorsitz übernahm. Lutz gilt als Konzerninsider mit enger Bindung an das Unternehmen, wurde aber zunehmend für Verspätungen, mangelhafte Infrastruktur und fehlende Reformen kritisiert. Trotz seiner Erfahrung konnte er die strukturellen Probleme der Bahn nicht nachhaltig lösen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.