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Sicherheit und Vertrauen

Kommentar: – das Oktoberfest nach der Drohung

Das Oktoberfest ist weit mehr als ein Volksfest. Es ist Symbol, Schaufenster und Mythos Münchens – und zugleich ein Großereignis, das wie kaum ein anderes unter dem ständigen Schatten von Sicherheitsrisiken steht. Die heutige Schließung wegen einer Sprengstoffdrohung verdeutlicht einmal mehr, wie verletzlich diese Art von Massenveranstaltung bleibt.

Dass das Festgelände über Stunden geschlossen blieb, war keine Überreaktion, sondern Ausdruck notwendiger Vorsicht. Wenn ein Verdächtiger mit Sprengfallen hantiert und in diesem Zusammenhang eine konkrete Drohung gegen die Wiesn auftaucht, bleibt der Polizei gar keine andere Wahl, als abzuriegeln und zu prüfen. Wer jetzt von „Panikmache“ spricht, verkennt die Realität: In einer Zeit, in der einzelne Täter mit wenigen Mitteln immensen Schaden anrichten können, muss Sicherheit stets Vorrang haben.

Gleichzeitig zeigt die Situation, wie fragil das Vertrauen in die Normalität von Großereignissen geworden ist. Millionen Besucher strömen jedes Jahr auf die Theresienwiese, und doch genügt ein einzelner Vorfall, um den Rhythmus der Stadt zum Stillstand zu bringen. Das Oktoberfest lebt von seiner Unbeschwertheit – von der Illusion, dass hier für einige Stunden die Welt eine andere ist. Jede Unterbrechung, jede Drohung kratzt an dieser Illusion.

Dass Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter nach Rücksprache mit der Polizei grünes Licht für die Wiedereröffnung gab, ist das richtige Signal. Es zeigt, dass Vorsicht und Entschlossenheit zusammengehören: Sicherheit muss geprüft werden, aber das Leben darf sich nicht dauerhaft von Gewaltandrohungen diktieren lassen. Eine Gesellschaft, die auf jede Drohung mit Rückzug reagiert, würde sich selbst lähmen.

Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack. Der Täter, der in München-Lerchenau ein Haus anzündete und Suizid beging, hat über seinen Tod hinaus Verunsicherung gestiftet. Es ist ein Muster, das immer wiederkehrt: private Eskalationen, die in öffentliche Bedrohungen übergehen, und deren Auswirkungen weit über den unmittelbaren Tatort hinausreichen.

Das Oktoberfest hat heute einen Stresstest bestanden – organisatorisch und psychologisch. Doch die eigentliche Herausforderung bleibt: wie man als Stadt, als Gesellschaft, zwischen notwendiger Vorsicht und dem Bedürfnis nach Normalität die Balance hält.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP