Erneut erschüttern Massenproteste in Georgien das politisch fragile Land: Am Tag der Kommunalwahlen versammelten sich zehntausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis, um gegen die als russlandfreundlich geltende Regierung von Irakli Kobachidse zu demonstrieren. Ein Teil der Demonstranten versuchte laut Augenzeugen, in den Präsidentenpalast einzudringen – die Polizei reagierte mit Tränengas.
Die Proteste richten sich gegen den zunehmenden politischen Kurswechsel der Regierung, die nach Ansicht vieler Bürger und der Opposition die Nähe zu Moskau sucht und sich von den europäischen Werten entfernt. Die Regierung weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Dennoch wächst die Sorge, dass sich Georgien weiter von der EU und dem demokratischen Reformkurs entfernt, den das Land seit Jahren verfolgt.
Die Kommunalwahlen galten als erster großer Stimmungstest für die Partei „Georgischer Traum“, die nach der umstrittenen Parlamentswahl 2024 weiter unter Druck steht. Bereits damals hatten wochenlange Proteste und Vorwürfe des Wahlbetrugs die politische Lage eskalieren lassen.
Der inhaftierte Ex-Präsident Michail Saakaschwili rief seine Anhänger zu friedlichem Widerstand auf – er bezeichnete die Wahl als „letzte Chance zur Rettung der georgischen Demokratie“. Regierungschef Kobachidse hingegen warf den Oppositionellen „Radikalität“ vor und drohte mit einem harten Vorgehen.
Die Szenen von Tränengas, Polizeigewalt und wütenden Demonstranten zeigen, wie tief die gesellschaftliche Spaltung Georgiens inzwischen reicht. Während viele Bürger den europäischen Kurs beibehalten wollen, scheint die politische Elite das Land auf eine gefährliche Gratwanderung zwischen Ost und West zu führen.
OZD
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