Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen
QR-Code zu www.online-zeitung-deutschland.de

Babis’ Triumph in Tschechien: Populistische Rückkehr mit geopolitischer Sprengkraft

Andrej Babis gewinnt die Wahl in Tschechien. Der populistische Ex-Regierungschef kündigt Kurswechsel bei der Ukraine-Hilfe an – Europa blickt besorgt.

Der politische Machtwechsel in Tschechien könnte weitreichende Folgen für Europa haben. Der populistische Ex-Regierungschef Andrej Babis hat die Parlamentswahl mit seiner Bewegung Ano klar gewonnen – und das mit einem Ergebnis, das selbst optimistische Prognosen übertraf. Mit über 35 Prozent der Stimmen liegt er deutlich vor der liberal-konservativen Koalition des bisherigen Ministerpräsidenten Petr Fiala, die nur 22,9 Prozent erreichte.

Damit steht das Land vor einer möglichen Neuausrichtung seiner Außenpolitik: Während Fiala zu den entschiedensten Unterstützern der Ukraine in der EU zählte, will Babis die Militärhilfe kürzen und sich stärker an den Kursen von Ungarn und der Slowakei orientieren. Eine Entwicklung, die nicht nur Kiew, sondern auch Brüssel mit Sorge betrachten dürfte.

Babis’ Sieg ist mehr als ein nationales Votum – er steht sinnbildlich für den wachsenden Einfluss rechtspopulistischer und EU-skeptischer Kräfte in Mitteleuropa. Seine Nähe zu Viktor Orbán und Robert Fico signalisiert den Versuch, einen alternativen Machtblock innerhalb der EU zu festigen – ein „Ostbündnis“ gegen die politische Mitte Europas.

Doch trotz seines Erfolgs bleibt Babis auf Koalitionspartner angewiesen. Eine Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen SPD oder der Autofahrerpartei wäre politisch riskant, könnte aber die einzige realistische Machtoption darstellen. Zwar lehnt Babis ein EU-Austrittsreferendum ab, doch eine Regierung mit der SPD würde den pro-europäischen Kurs Tschechiens weiter schwächen.

Analysten warnen bereits vor einer schleichenden Entfremdung Prags von der EU. Anders als Orbán verfügt Babis jedoch nicht über absolute Macht – das tschechische Zweikammersystem mit einem pro-europäischen Senat setzt klare Grenzen.

Trotzdem markiert die Wahl einen Wendepunkt: Sie zeigt, wie tief die Frustration über die europäische Politik auch in den stabileren Demokratien Mittelosteuropas reicht. Und sie stellt die Frage, ob die EU künftig noch auf einen einheitlichen Kurs in der Russland- und Ukrainepolitik hoffen kann.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: AFP