Macron unter Zeitdruck: Wer wird neuer Premier?
Vier Tage nach dem überraschenden Rücktritt von Premier Sébastien Lecornu steht Frankreich erneut vor einer Regierungskrise. Präsident Emmanuel Macron will bis Freitagabend einen neuen Premier ernennen – möglicherweise erneut Lecornu.
Am Freitag empfing Macron Partei- und Fraktionschefs im Élysée-Palast, um die Lage zu sondieren. Vertreter der links- und rechtspopulistischen Parteien waren nicht eingeladen. Ziel des Treffens: die Koordination über das künftige Regierungsprogramm und den Haushalt 2026.
Spekulationen und Optionen
Neben Lecornu fallen auch die Namen Jean-Louis Borloo, Bernard Cazeneuve und Pierre Moscovici als mögliche Premierminister. Borloo hat seit über zehn Jahren kein Amt mehr inne, gilt aber als gut vernetzt. Moscovici warnte, dass der Haushaltsentwurf bis Montag im Kabinett vorgelegt werden müsse, um rechtzeitig verabschiedet werden zu können.
Die Finanzlage Frankreichs ist angespannt: Zinskosten für Staatsschulden stiegen auf 70 Milliarden Euro (2021: 25 Milliarden), und ein Überschreiten der Defizitziele könnte laut Moscovici einen „Schneeballeffekt“ auslösen.
Kommentar: Die Herausforderung für Macron
Der neue Premier wird der achte Regierungschef seit 2017 und der vierte seit den Parlamentswahlen 2024. Die Nationalversammlung ist in drei Lager gespalten: linke Opposition, zentrales Regierungslager und Rechtspopulisten. Keine Gruppe ist mehrheitsfähig.
Die wichtigste Aufgabe des neuen Premiers: einen Haushalt durchbringen, der die dramatische Finanzlage berücksichtigt – trotz der Gefahr, dass links- und rechtspopulistische Blöcke gemeinsam die Regierung stürzen könnten.
Der politische Poker zeigt: Macron steuert durch ein instabiles parlamentarisches System, in dem Kompromisse und strategische Personalentscheidungen entscheidend sind.
Fazit: Frankreich vor unsicherem Jahresende
Frankreich steht vor einer entscheidenden Phase politischer Stabilität. Die Ernennung eines neuen Premierministers ist nicht nur symbolisch, sondern entscheidend für die Umsetzung des Haushalts, die Handlungsfähigkeit der Regierung und die finanzielle Stabilität des Landes.
Macron muss jetzt einen Premier wählen, der politisches Geschick mit Durchsetzungsstärke kombiniert – sonst droht der nächste Regierungsstillstand.
OZD
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Bild: AFP