In einem bemerkenswerten Schritt hat die Hamas erstmals ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Entwaffnung erklärt – allerdings unter klar umrissenen Bedingungen. Hamas-Anführer Chalil al-Hajja erklärte am Samstag, die Waffen der Bewegung stünden in direktem Zusammenhang mit der „Besatzung und Aggression“ Israels. Endeten diese, könne die Bewaffnung unter die Kontrolle eines künftigen souveränen palästinensischen Staates gestellt werden.
Diese Aussage bedeutet zwar keinen unmittelbaren Kurswechsel, aber ein politisches Signal in einer Phase intensiver diplomatischer Bemühungen. Laut dem Büro al-Hajjas bezieht sich die Erklärung ausdrücklich auf einen anerkannten, lebensfähigen Palästinenserstaat – eine Bedingung, die Israel bislang ablehnt.
Die Hamas zeigte sich zudem offen für die Stationierung von UN-Truppen im Gazastreifen, die eine Waffenruhe überwachen und die Grenzen sichern sollen. Eine internationale Truppe, die aktiv die Entwaffnung der Hamas durchführen würde, lehnt die Organisation jedoch weiter ab. Damit widerspricht sie einer der Kernforderungen des US-Friedensplans, der explizit eine Abgabe aller Waffen vorsieht. Bislang hatte die Hamas jeden derartigen Schritt als „politische Illusion“ bezeichnet.
Ob es sich um taktische Rhetorik handelt oder um die Umrisse eines tatsächlichen diplomatischen Angebots, bleibt offen. Klar ist jedoch: Mit dieser Erklärung erhöht die Hamas den Druck auf Israel, die USA und moderate arabische Staaten, sich zur Perspektive eines Palästinenserstaats zu äußern.
OZD
OZD-Kommentar: „Das brisanteste Angebot seit Jahren“Diese Erklärung ist politischer Sprengstoff. Nicht, weil die Hamas plötzlich friedliebend geworden wäre – sondern weil sie ein Angebot formuliert, das Israel, die USA und die arabische Welt nicht ignorieren können, ohne sich Fragen zu gefallen zu lassen. Der Satz „Wenn die Besatzung endet, legen wir die Waffen nieder“ klingt wie ein Wendepunkt, ist aber zugleich ein diplomatischer Stresstest.
Die Hamas setzt bewusst auf Symbolik: Waffen unter staatliche Kontrolle – aber erst nach einem souveränen Palästinenserstaat. Damit rührt sie an den Kern des gesamten Konflikts. Sie weiß, dass Israel diese Bedingung kategorisch ablehnt und nutzt genau das als moralische Angriffsfläche. Eine geschickte Inszenierung mit maximaler internationaler Wirkung.
Doch Vorsicht: Eine Organisation, die jahrzehntelang auf bewaffneten Widerstand setzte, gibt ihre Existenzgrundlage nicht kampflos auf. Dieses „Angebot“ ist eher rhetorischer Druck als echter Wandel. Trotzdem verändert es die Lage. Es zwingt die Weltöffentlichkeit, die Frage zu stellen: Was wäre, wenn Israel tatsächlich antworten müsste? Und genau in dieser Frage liegt die Dynamik – und die Gefahr.

Hamas erstmals offen für bedingte Entwaffnung
Voraussetzung: Ende der israelischen Besatzung
Forderung: souveräner Palästinenserstaat
UN-Truppen grundsätzlich akzeptiert
US-Friedensplan verlangt vollständige Entwaffnung
OZD-Analyse1. Politische Bedeutung der Hamas-Aussage
– a) Erstmals Entwaffnung nicht kategorisch ausgeschlossen –
– b) Versuch, internationale Legitimität zu gewinnen –
– c) Signal an arabische Staaten: Hamas ist verhandlungsfähig –
2. Auswirkungen auf diplomatische Prozesse
– a) USA unter Druck, auf neue Rhetorik zu reagieren –
– b) Israel bleibt bei der Ablehnung eines Palästinenserstaats –
– c) möglicher Einfluss auf UNO-Debatten und humanitäre Initiativen –
3. Risiken und geopolitische Folgen
– a) Gefahr taktischer Täuschungsmanöver –
– b) mögliche Spaltung innerhalb der Hamas-Bewegung –
– c) neue Spannungen zwischen Israel und internationalen Akteuren –

Was ist die Hamas?
Die Hamas ist eine islamistische Palästinenserorganisation, die 1987
gegründet wurde und im Gazastreifen faktisch die Kontrolle ausübt.
International ist sie vielfach als Terrororganisation eingestuft. Sie
verbindet politischen Einfluss mit bewaffnetem Widerstand gegen Israel
und lehnt dessen Existenzrecht ab.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
Wer ist Chalil al-Hajja?
Chalil al-Hajja ist einer der ranghöchsten Führungsfiguren der Hamas im
Gazastreifen. Er gilt als Hardliner, aber auch als strategischer
Sprecher, der regelmäßig politische Botschaften an die internationale
Gemeinschaft richtet.
Extra: Erste Entwaffnungsdebatte seit dem Gaza-Abzug 2005
Noch nie seit dem israelischen Rückzug aus Gaza hat die Hamas öffentlich
einen – wenn auch hypothetischen – Waffenverzicht in Aussicht gestellt.
Der Vorstoß könnte ein strategischer Schachzug sein, zeigt aber
zugleich, wie stark der internationale Druck auf alle Konfliktparteien
gestiegen ist.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.