Handelsdeal zwischen Washington und London – politisches Signal statt echter Durchbruch?
Am Donnerstag wollen die USA und Großbritannien den Abschluss eines Handelsabkommens bekanntgeben – so berichten es übereinstimmend Medien auf beiden Seiten des Atlantiks. US-Präsident Donald Trump kündigte auf seiner Plattform Truth Social ein „wichtiges Abkommen“ mit einem „großen, hochgeschätzten Land“ an. Der britische Premier Keith Starmer wird sich im Laufe des Tages ebenfalls zu den Verhandlungen äußern.
Auch wenn die Symbolik unübersehbar ist, bleiben viele Fragen offen. Die New York Times berichtet, es sei unklar, ob es sich um ein vollständiges Handelsabkommen oder lediglich ein vorläufiges Rahmenwerk handelt. Vor allem die Ankündigung Trumps, es handele sich um das „erste von vielen“ künftigen Verträgen, legt nahe, dass der politische Effekt wichtiger ist als der wirtschaftliche Inhalt.
Für Großbritannien kommt die Ankündigung strategisch günstig: Erst am Dienstag hatte das Vereinigte Königreich einen Freihandelsvertrag mit Indien abgeschlossen – ein Versuch, sich nach dem Brexit als eigenständiger globaler Akteur zu positionieren. Doch während London außenpolitisch flexibel agiert, bleibt fraglich, wie stark sich die angekündigten Abkommen in der Praxis auf den bilateralen Handel auswirken werden.
In den USA ist der Deal Teil einer breiteren wirtschaftspolitischen Erzählung. Seit seinem Amtsantritt vor über 100 Tagen verfolgt Trump eine aggressive Zollpolitik. Mit Importaufschlägen gegen zahlreiche Länder – darunter auch EU-Staaten – will er nach eigener Aussage das Handelsdefizit der USA senken und heimische Industrien stärken. Der neue Vertrag mit Großbritannien könnte in diesem Kontext vor allem als innenpolitisches Signal dienen: Trump präsentiert sich als Macher, der internationale Partner „zurück an den Verhandlungstisch“ bringt.
Doch ökonomisch bleibt der Wert solcher Abkommen umstritten. Oft fehlen konkrete, belastbare Inhalte – gerade in komplexen Branchen wie Automobil, Dienstleistungen oder Digitalwirtschaft. Auch die Asymmetrie der Verhandlungspositionen zwischen Washington und London weckt Skepsis: Besteht die Gefahr, dass Großbritannien wirtschaftliche Zugeständnisse macht, um politisch handlungsfähig zu erscheinen?
Wenn es bei der Vereinbarung vor allem um Symbolik geht, droht der Deal zu einem weiteren Beispiel für die wachsende Diskrepanz zwischen politischem Marketing und realer Wirtschaftspolitik zu werden.
Infografik: Handelsabkommen USA–Großbritannien (Mai 2025)
Zeitlicher Überblick
08. Mai 2025: US-Präsident Donald Trump kündigt ein Handelsabkommen mit Großbritannien an. Aktuelle Nachrichten | BILD.de
10:00 Uhr EDT (16:00 Uhr MESZ): Geplante Pressekonferenz im Weißen Haus zur Bekanntgabe des Abkommens. Aktuelle Nachrichten | BILD.de
Frühere Woche: Großbritannien schließt ein Freihandelsabkommen mit Indien ab.
Hauptinhalte des Abkommens
Zollsenkungen:
Reduzierung von US-Zöllen auf britische Exporte in den Bereichen Automobil und Stahl. Handelsblatt
Großbritannien senkt Zölle auf US-Importe wie Autos, Fleisch und Schalentiere. Financial Times
Weitere Verhandlungen:
Mögliche zukünftige Gespräche über Anpassungen der US-Basiszölle und Erleichterungen bei Pharma- und Luftfahrtprodukten. Financial Times
Politischer Kontext
US-Handelspolitik:
Seit April 2025 erhebt die USA einen Basiszoll von 10 % auf Importe sowie zusätzliche 25 % auf Stahl, Aluminium und Autos. New York Post
Großbritanniens Strategie:
Abschluss von Handelsabkommen mit Indien und den USA, um nach dem Brexit neue wirtschaftliche Partnerschaften zu etablieren.
Kritische Stimmen
Unklarheiten:
Details des Abkommens sind bisher nicht vollständig veröffentlicht; es bleibt unklar, ob es sich um ein endgültiges oder vorläufiges Abkommen handelt. DIE WELT
Bedenken:
Kritiker befürchten, dass das Abkommen vor allem symbolischen Charakter hat und konkrete wirtschaftliche Vorteile unklar bleiben.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP