Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz eine massive Steigerung der Militärausgaben bis 2032 in Aussicht stellt, wirkt das auf den ersten Blick wie eine nüchterne sicherheitspolitische Planung. Doch bei näherem Hinsehen fehlt es dem Vorschlag an einer entscheidenden Zutat: politischer Ehrlichkeit.
3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung – das wäre nahezu eine Verdopplung der heutigen Ausgaben. Dazu sollen noch 1,5 Prozent des BIP für verteidigungsbezogene Investitionen kommen. Das ist keine Kleinigkeit, sondern eine der größten Etatverschiebungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Merz nennt diese Ziele „vernünftig und erreichbar“. Doch erreichbar ist vieles – wenn man den Preis benenn
Genau das aber unterbleibt. Eine solch drastische Erhöhung kann nicht isoliert betrachtet werden. Die entscheidende Frage lautet: Was wird im Gegenzug gekürzt oder gestrichen? Bildung, Soziales, Infrastruktur? Oder wird die Schuldenbremse erneut ausgesetzt? Die Bundesregierung bleibt diese Antworten schuldig.
Zudem läuft die Debatte Gefahr, in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Maximalforderungen aus Washington zu kippen. Donald Trumps unrealistische Forderung nach fünf Prozent hat den Maßstab bereits verschoben. Was früher als unvorstellbar galt, wird nun als moderater Kompromiss präsentiert. Diese Dynamik entkoppelt sicherheitspolitische Entscheidungen zunehmend von demokratischer Kontrolle.
Sicherheit kostet – das bestreitet niemand. Aber eine ehrliche Sicherheitspolitik muss offenlegen, welche gesellschaftlichen Kosten damit verbunden sind. Die politische Diskussion darüber darf nicht in diplomatischen Floskeln ersticken. Denn was heute beschlossen wird, wird kommende Generationen finanziell und politisch prägen.
Analyse – Wo liegt das Problem?
Fehlende Transparenz: Merz kündigt hohe Militärausgaben an, ohne zu erklären, wie sie finanziert werden sollen.
Haushaltsrisiken: Ein solcher Anstieg könnte tiefgreifende Kürzungen in anderen Politikfeldern erfordern.
Demokratische Leerstelle: Die gesellschaftliche Diskussion über diese Prioritäten fehlt.
Rhetorische Verschiebung: Extremforderungen wie Trumps 5-Prozent-Ziel verschieben den Diskursrahmen, ohne realistische Grundlage.
Verschleierung durch Formulierungen: Begriffe wie "vernünftig" und "erreichbar" ersetzen konkrete Zahlen und Entscheidungen.
Risiko für Glaubwürdigkeit: Ohne klare Finanzierungsstrategie verliert die Politik Vertrauen.
Unklare außenpolitische Linie: Was wird hier langfristig eigentlich angestrebt – Abschreckung, Kriegstüchtigkeit, strategische Autonomie?
OZD
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Bild: AFP