G20-Gipfel: Ein Appell für Frieden – und ein geopolitisches Ringen im Hintergrund
Beim G20-Gipfel in Johannesburg forderten die führenden Industrie- und Schwellenländer einen „gerechten, umfassenden und dauerhaften Frieden“ in mehreren Krisenregionen – darunter Sudan, DR Kongo, die besetzten palästinensischen Gebiete und die Ukraine. Grundlage seien die Prinzipien der UN-Charta, also territoriale Integrität, Souveränität und friedliche Konfliktlösung.
Doch während die Erklärung geschlossen wirkt, zeigt sich zwischen den Zeilen, wie groß die Spannungen unter den westlichen Partnern inzwischen sind.
Der US-Plan: Ein Vorschlag, der in Europa für Irritation sorgt
Die US-Regierung legte wenige Tage vor dem Gipfel einen Friedensplan für die Ukraine vor – ohne Einbindung europäischer Verbündeter.
Besonders brisant: Der Entwurf kommt Russland in zentralen Punkten entgegen und überschreitet rote Linien, die Kiew seit Jahren klar benannt hat.
Europa reagierte verärgert – und teilweise alarmiert.
Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premier Keir Starmer berieten am Rande des Gipfels über die möglichen Folgen und Optionen. Ein EU-Diplomat fasste zusammen:
„Wir arbeiten daran, den US-Plan auf Grundlage früherer Gespräche besser umsetzbar zu machen.“
Europas Position: Keine Entscheidungen ohne die Alliierten
Merz, Macron, Starmer und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stellten klar:
Vereinbarungen, die Europa, die EU oder die NATO betreffen, brauchen europäische Zustimmung und alliierten Konsens.
Damit senden die Europäer ein deutliches Signal an Washington – und an Moskau.
Auffällige Abwesenheit: Die USA bleiben dem Gipfel fern
Der Gipfel fand ohne die Vereinigten Staaten statt.
US-Präsident Donald Trump hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt und dies mit angeblichen Menschenrechtsverletzungen in Südafrika begründet.
Viele Beobachter werten die Entscheidung jedoch als politischen Affront – und als Hinweis auf die wachsende Distanz zwischen den USA und Teilen der G20-Staaten.
Kommentar: Friedensappelle – und ein Machtvakuum
Die G20 fordern Frieden, doch ihre Einigkeit ist brüchig.
Der US-Plan zeigt, wie unkoordiniert der Westen inzwischen agiert – und wie schnell geopolitische Realitäten verschoben werden können.
Europa versucht, wieder eine gemeinsame Linie zu finden, doch ohne die USA am Tisch fehlen Gewicht und Geschlossenheit.
In dieser Lage wirkt der Ruf nach einem „gerechten Frieden“ eher wie ein Wunsch als wie eine Strategie.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Washington und Europa wieder zusammenfinden – oder ob der Konflikt über die Ukraine eine neue Phase erreicht.
OZD
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Bild: AFP