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US-Plan schockiert Kiew: Washington fordert massive Zugeständnisse an Putin

Ein vertraulicher US-Plan fordert von der Ukraine weitreichende Gebietsverluste, militärische Einschränkungen und Neuwahlen. In Kiew schrillen die Alarmglocken – denn viele Punkte decken sich mit Moskaus Maximalforderungen.

Der bislang unveröffentlichte US-Plan zur Beendigung des russischen Angriffskriegs fordert von der Ukraine weitreichende Zugeständnisse an Moskau. Laut dem AFP vorliegenden Entwurf sollen Donezk, Luhansk und die bereits 2014 annektierte Krim „de facto als russisch anerkannt“ werden – auch von den Vereinigten Staaten. Das Weiße Haus bezeichnete das Papier als „Arbeitsdokument“, wies aber Vorwürfe einer einseitigen Begünstigung Russlands zurück.

Bereits am Mittwoch war bekannt geworden, dass die USA einen neuen Vorschlag zum Ende des seit fast vier Jahren andauernden Krieges erarbeitet haben. Doch der Entwurf überschreitet nach ukrainischer Sicht alle roten Linien: Die Ukraine soll sich aus ihrem Teil von Donezk zurückziehen, der zu einer entmilitarisierten Zone unter russischer Kontrolle würde. Die Regionen Cherson und Saporischschja sollen entlang der aktuellen Frontlinie aufgeteilt werden.

Außerdem sieht der Plan vor, die ukrainische Armee auf 600.000 Soldaten zu begrenzen und langfristig auf NATO-Truppen im eigenen Land zu verzichten. Im Gegenzug werden „zuverlässige Sicherheitsgarantien“ in Aussicht gestellt, unkonkret formuliert und ohne NATO-Beitritt – dieser wäre dauerhaft ausgeschlossen und in der ukrainischen Verfassung festzuschreiben. Moskaus zentrale Forderung würde damit erfüllt.

Besonders heikel ist der innenpolitische Teil: Innerhalb von 100 Tagen soll die Ukraine Neuwahlen abhalten. Trump hatte Selenskyj noch Anfang des Jahres als „Diktator ohne Wahlen“ attackiert – nun taucht exakt diese russische Forderung im US-Entwurf auf. „Es scheint, dass dies eine russische Vorlage ist, die die Amerikaner akzeptiert haben“, heißt es aus ukrainischen Regierungskreisen.

Auch geopolitisch wirft der Entwurf Fragen auf. Russland soll „wieder in die Weltwirtschaft integriert“ und zurück in die G8-Gruppe geholt werden, aus der es 2014 ausgeschlossen wurde. Im Fall einer erneuten Invasion würden Sanktionen zwar reaktiviert, doch militärische Einschränkungen für Moskau bleiben minimal – Russland soll lediglich „keine Nachbarländer angreifen“.

Während Kiew auf einen von Europa geführten Friedensprozess gehofft hatte, scheint der Druck aus Washington zu steigen. Nach Gesprächen mit einer US-Delegation betonte Präsident Selenskyj, die Ukraine brauche einen „würdevollen Frieden“, der ihre Souveränität nicht antaste. Er wolle „in den kommenden Tagen“ direkt mit Trump über den Plan sprechen.

Parallel gehen die Angriffe weiter. Bei einem russischen Raketenangriff auf Saporischschja starben mindestens fünf Menschen, drei wurden verletzt. In Ternopil waren tags zuvor 26 Menschen getötet worden. Moskau wiederum behauptet, die Stadt Kupjansk eingenommen zu haben, was Kiew zurückweist.

OZD

OZD-Kommentar

Dieser US-Plan wirkt weniger wie ein Friedensangebot und mehr wie eine strategische Kapitulation der Ukraine. Wer dem Aggressor große Teile des Landes überlässt, die Armee beschneidet und innenpolitische Bedingungen diktiert, stellt das Prinzip europäischer Sicherheit infrage. Ein solcher Vorschlag stärkt nur Putins Kalkül: Gewalt zahlt sich aus. Die geopolitischen Folgen wären verheerend – nicht nur für die Ukraine, sondern für jede Demokratie im Einflussbereich autoritärer Mächte. Sollten die USA diesen Kurs durchdrücken, könnte das Vertrauen in den transatlantischen Schutzschirm dauerhaft Schaden nehmen. Der Preis dafür wäre weit höher als jede kurzfristige Waffenruhe.




Mini-Infobox

US-Plan umfasst 28 Punkte

Ukraine soll Donezk, Luhansk und Krim „de facto“ abtreten

Keine NATO-Mitgliedschaft, Begrenzung auf 600.000 Soldaten

Neuwahlen in Kiew binnen 100 Tagen

Russland soll zurück in die G8 – trotz fortgesetzter Angriffe


OZD-Analyse

Die geopolitische Dimension
– Der Entwurf entspricht in zentralen Punkten russischen Maximalforderungen.
– Die USA signalisieren Prioritätenverschiebung zugunsten eines schnellen Endes statt eines gerechten Friedens.
– Europa gerät zwischen die Fronten eines US-russischen Machtspiels.

Auswirkungen auf die Ukraine
– a) Gebietsverluste würden die industrielle Basis massiv schwächen
– Insbesondere der Donbass gilt als wirtschaftliche Schlüsselregion.
– b) Begrenzung der Armee reduziert die Verteidigungsfähigkeit dauerhaft
– c) Neuwahlen unter Druck könnten innenpolitische Instabilität fördern
– Der Vorwurf externer Einflussnahme würde die Demokratie belasten.

Folgen für die internationale Ordnung
– Anerkennung eroberter Gebiete untergräbt das Völkerrecht.
– Sicherheitsgarantien ohne NATO-Beitritt sind politisch und militärisch schwach.
– Eine Rückkehr Russlands in die G8 wäre ein geopolitisches Signal der Normalisierung trotz fortgesetzter Aggressionen.




Erklärungen: 

Was ist der Donbass?

Der Donbass ist eine ostukrainische Industrieregion, bestehend aus Donezk und Luhansk. Er war jahrzehntelang Zentrum des Bergbaus und der Schwerindustrie. Seit 2014 ist die Region durch Russland und prorussische Separatisten umkämpft.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

Wer ist Wolodymyr Selenskyj?

Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Der frühere Schauspieler und Produzent wurde zur zentralen Figur des ukrainischen Widerstands gegen die russische Invasion. Er setzt auf westliche Unterstützung und lehnt Gebietsabtretungen ab.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.

Was ist die G8?

Die G8 war ein Zusammenschluss führender Industriestaaten, bis Russland 2014 nach der Annexion der Krim ausgeschlossen wurde. Seitdem tagt das Format als G7. Eine Rückkehr Russlands wäre geopolitisch hoch umstritten.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.




OZD-Extras

Extra: Historische Parallelen
Friedensabkommen, die Aggressoren große Gebiete überlassen, gelten historisch oft als Einladungen zu neuer Gewalt – das Münchner Abkommen von 1938 ist das bekannteste Beispiel.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.