Wolodymyr Selenskyjs Forderung, Russland müsse zur Diplomatie "gezwungen" werden, bringt eine bittere Realität auf den Punkt: Ohne entschlossenen Druck wird es keinen echten Verhandlungswillen aus Moskau geben. Der russische Präsident Wladimir Putin setzt weiter auf Eskalation und Zermürbung. Die Ukraine hingegen kämpft nicht nur um territoriale Integrität, sondern zunehmend um das politische Überleben im geopolitischen Vakuum, das der Kurswechsel der USA hinterlässt.
Die Ukraine-Kontaktgruppe tagt zwar weiterhin – inzwischen unter europäischer Führung – doch der Schatten des Rückzugs der USA ist nicht zu übersehen. Dass Trumps neuer Verteidigungsminister Pete Hegseth dem Treffen fernblieb, ist ein deutliches Zeichen: Das einst zentrale Format verliert an Schlagkraft. Zugleich wächst der Erwartungsdruck auf Europa, militärische und finanzielle Lücken zu füllen, die Washington möglicherweise dauerhaft hinterlässt.
Verteidigungsminister Pistorius bemüht sich um Führung, verspricht Unterstützung bei Luftabwehr und Rüstungskooperation. Das ist richtig, aber es wird nicht reichen, wenn Europa nicht bald auch strategisch stärker zusammenrückt. Die Warnung des US-Nato-Botschafters, Russland rüste massiv auf, darf nicht verhallen. Ohne eine gemeinsame, glaubwürdige Antwort – militärisch, wirtschaftlich und politisch – droht das transatlantische Bündnis seine zentrale Aufgabe zu verlieren: Abschreckung.
Der Appell Selenskyjs ist kein rhetorisches Stilmittel. Er ist eine Erinnerung an den Ernst der Lage. Wer Diplomatie ernst meint, muss Stärke zeigen – nicht nur in Worten, sondern in Waffen, Wirtschaftskraft und politischer Entschlossenheit.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP