Die Bundesregierung setzt auf ein Paket an Maßnahmen, das vor allem eines will: schneller bauen. Dass Bebauungsplanverfahren im Durchschnitt fünf Jahre dauern, ist angesichts des angespannten Wohnungsmarkts inakzeptabel. Die Verkürzung von Genehmigungsprozessen und die Möglichkeit, auch ohne fertigen Bebauungsplan zu bauen, sind pragmatisch – sofern Kommunen und Umweltbelange ernst genommen werden.
Flexibilisierung auf Zeit – und mit Nebenwirkungen?
Positiv ist, dass die Neuregelungen befristet sind (bis Ende 2030) und an bestimmte Bedingungen geknüpft sind. Dennoch bleibt unklar, wie in der Praxis sichergestellt wird, dass Umweltschutz und nachbarschaftliche Interessen nicht unter die Räder kommen. Die „überschlägige Prüfung“ möglicher Umweltauswirkungen klingt schwammig – es besteht die Gefahr, dass notwendige Umweltstandards ausgehöhlt werden, um Tempo zu machen. Gerade in Zeiten von Klimawandel und Flächenversiegelung ist Augenmaß gefragt.
Kommunen im Fokus – aber mit welcher Ausstattung?
Die geplanten Ausweitungen des kommunalen Ermessens – etwa bei der Nachverdichtung oder im Umgang mit Immissionsschutz – können sinnvoll sein, um lokalen Wohnraumbedarf flexibel zu decken. Doch viele Kommunen sind personell und finanziell überfordert. Ohne gezielte Unterstützung droht der "Turbo" zu einem Papiertiger zu werden. Der angekündigte 500-Milliarden-Euro-Sonderfonds könnte hier wichtige Impulse geben – entscheidend wird jedoch sein, wie viel davon wirklich im Wohnungsbau landet.
Baukosten bleiben der zentrale Bremsklotz
Richtig ist auch: Planungstempo allein schafft keine bezahlbaren Wohnungen. Die Baukosten, nicht zuletzt durch komplexe Landesbauordnungen, hohe Standards und Bürokratie, sind der eigentliche Engpass. Der Ruf nach einem „zweiten Turbo“ – für einfaches, standardisiertes Bauen – ist berechtigt. Ohne Harmonisierung der Bauvorschriften und ein effizienteres Vergaberecht verpufft jeder Gesetzesturbo.
Schlussfolgerung
Der Wohnungsbau-Turbo ist ein wichtiges Signal – mehr aber noch nicht. Er schafft Erleichterungen, wo der Mangel am dringendsten ist. Doch Tempo darf kein Selbstzweck sein: Ökologie, soziale Belange und langfristige Stadtentwicklung müssen mitgedacht werden. Wenn Kommunen, Bauwirtschaft und Bundespolitik gemeinsam handeln, kann aus diesem Entwurf mehr werden als ein symbolisches Strohfeuer.
OZD
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